Hackler, Anton

k.k. Güterschätzmeister fürstl. Hofrat Anton Hackler

* 20.4.1790, Herrnbaumgarten
† 15.4.1871, Wien

Anton Hackler wurde 1790 als Sohn des bürgerlichen Handelsmanns für Kurrentwaren (=Textilien) und Wirtschaftsbesitzers Philipp Hackler und dessen Gattin Anna Maria, geb. Hager, in Herrnbaumgarten geboren.1 Aufgrund seiner späteren Berufslaufbahn ist anzunehmen, dass ihm während seiner Jugend eine höhere Schulbildung zuteilwurde. Am 11. Mai 1818 ehelichte er Franziska Seiberler (*1796, †1847) , die Tochter des Paasdorfer Herrschaftsverwalters Franz Seiberler in der Paasdorfer Pfarrkirche.2 Dieser Ehe entstammten mindestens drei Kinder. Für das Jahr 1818 sind auch erste berufliche Spuren auffindbar und zwar scheint Hackler als Verwalter der Herrschaft Walterskirchen auf, zu der auch Böhmischkrut (=Großkrut) und Althöflein gehörten und die sich damals im Besitz des Fürsten von Kohary befand.3 Dieses Amt hatte er mindestens bis zum Jahr 1823 inne.4 Auch einer seiner Brüder, Philipp Anton Hackler, war als Verwalter bzw. Amtmann bei verschiedenen Herrschaften tätig, unter anderem in Matzen und Prinzendorf, und stieg später auch zum Direktor bedeutender Güterverwaltungen auf.5

1825 wird Hackler laut einem Dominien-Schematismus als Amtmann der dem Johanniter-Orden gehörenden Herrschaft in Mailberg angeführt.6 Wie lange er in Mailberg beschäftigt war ist unklar, und da zwischenzeitlich keine Verzeichnisse der in Niederösterreich tätigen Herrschafts-Beamten erschienen, finden wir ihn erst 1834 bis 1844 als „Wirtschaftsrath“ der Herrschaft Dürnstein und damit im Dienste des Fürsten von Starhemberg wieder.7 Parallel dazu scheint er jedenfalls ab 1842 auch als „Wirtschaftsrath“ der Herrschaft Paasdorf, die auch große Besitzungen in Schrick und Hüttendorf umfasste und sich im Besitz der Gräfin Harsch bzw. später des Freiherrn von Skrbensky befand, auf.8 Als Wirtschaftsrath bezeichnete man damals einen fachkundigen Beamten der seitens der Besitzer mit deren Vertretung betreffend die Führung und Aufsicht über eine (oder mehrere) Grundherrschaften betraut wurde. Die Kontrolle der anderen Herrschaftsbeamten, der wirtschaftlichen Aufzeichnungen und Verträge, sowie Anordnungen zur effizienten wirtschaftlichen Führung gehörten zu seinen Aufgaben während regelmäßiger Visitationen über die er anschließend den Besitzern Bericht zu erstatten hatte. Diese beide Ämter konnte er augenscheinlich auch von seinem Wohnsitz in Wien, wo er an verschiedenen Adressen in der Wiener Innenstadt, dem Vorort Wieden und zuletzt in Mariahilf wohnte, ausüben. Ab 1828 war Hackler zusätzlich auch als Gülten- und Güterschätzmeister beim „k.k. nö. Landrecht“ – einem Sondergerichtsstand des Adels – tätig und seine Aufgabe dort entsprach der eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für die Bewertung landwirtschaftlicher Güter und die daraus erwirtschaftbaren (herrschaftlichen) Einkünfte (=Gülten).9 In dieser Funktion stand er in späteren Jahrzehnten auch dem Landesgericht Wien zur Verfügung.10 Als anerkannter Fachmann war Hackler Mitglied im Ausschuss der k.k. Landwirtschafts-Gesellschaft in Wien11, und gehörte über viele Jahre auch dem Ausschuss des „Pensions-Instituts für Witwen und Waisen herrschaftlicher Wirtschaftsbeamter in Niederösterreich“ an.12

Mit dem Ende der Grundherrschaft als Folge der Revolution von 1848 wandelte sich das Aufgabenfeld der vormals herrschaftlichen Beamten bzw. reduzierte sich deren Zahl, da die den Grundherrschaften seit Jahrhunderten übertragenen hoheitlichen Aufgaben in Verwaltung (bspw. Steuereinnahme für den Staat) und Rechtsprechung entfielen und nun von neugeschaffenen Behörden und Gerichten übernommen wurden. Ebenso entfiel die aufwändige Verwaltung der von den Untertanen zu leistenden Abgaben (Zehent) und Dienste (Robot). Abgesehen von der sich über Jahre hinziehenden finanziellen Ablösung der grundherrschaftlichen Rechte und Ansprüche hatten die Beamten der adeligen Familien und sonstigen Grundbesitzer nunmehr lediglich die Verwaltung der eigenen landwirtschaftlichen Güter zu besorgen. Es ist daher anzunehmen, dass mit dieser Zäsur im ländlichen Raum auch Hacklers Tätigkeit für die Herrschaft Paasdorf endete. Ab 1851 scheint Hackler dann als Direktor der gräflich sándor’schen Central-Güterverwaltung in Wien auf.13 Die ungarische Magnatenfamilie Sándor (von Slavnica) zählte zu den reichsten Familien Ungarns und besaß umfangreiche Güter, zu denen nicht nur landwirtschaftliche Betriebe und Pferdegestüte, sondern etwa auch Bergwerke gehörten. Graf Moritz Sándor, der letzte männliche Spross dieser Familie, residierte in Wien und war ein abenteuerlustiger Draufgänger der für seine waghalsigen Reitkünste weithin bekannt war. Sein Übermut musste früher oder später ins Unglück führen und so zog er sich bei einem Reitunfall schwere Kopfverletzungen zu, die sich auch massiv auf sein Gehirn bzw. seine geistige Verfassung auswirkten. Daher wurde er mit Beschluss des Landesgerichts Wien vom 19. August 1851 wegen „gerichtlich erhobenen Wahnsinns“ unter Kuratel gestellt und der Direktor seiner Güterverwaltung Anton Hackler zu seinem Kurator bestellt.14 Obwohl sich der Geisteszustand des Grafen nicht wesentlich gebessert hatte wurde die Kuratel 1858 aufgehoben, allerdings wurde sie einige Jahre danach erneut verhängt, doch zu einem Zeitpunkt zu dem sich Hackler bereits in den Ruhestand zurückgezogen haben dürfte. Graf Sándor war ein Schwiegersohn des ehemaligen Staatskanzlers Metternich und sein einziges Kind, Tochter Pauline, war dessen Lieblingsenkelin. Pauline war auch mit einem Mitglied der Familie Metternich – Richard, dem Halbbruder ihrer Mutter – verheiratet, der Österreich als Gesandter am sächsischen Königshof in Dresden vertrat. Das in wirtschaftlichen Angelegenheit unbedarfte junge Paar pflegte dort ein luxuriöses Leben und hielt ausschweifende Empfänge und Feste ab und hatte sich binnen kurzer Zeit hochverschuldet. Es spricht für das hohe Ansehen und die großer Fachkompetenz Hackler, dass dieser auf Anregung Metternichs als Wirtschaftsfachmann nach Dresden geschickt wurde um dessen Enkelin (und Schwiegertochter in Personalunion) und ihrem Gatten die Grundlagen vernünftiger finanzieller Gebarung und effizienter Verwaltung ihrer Güter beizubringen. Metternich dürfte Hacklers Kompetenz wohl als Kurator des Grafen Sándor kennen und schätzen gelernt haben, schließlich hatte er nach dem Unfall des Grafen die Vormundschaft seiner Enkeltochter Pauline übernommen und unzweifelhaft hatten die beiden Herren Kontakt bezüglich deren Unterhalt. Hacklers Mission in Dresden war erfolgreich: unter seiner Anleitung gelang es die Finanzen nachhaltig in Ordnung zu bringen und nach zwei Jahren waren der österreichische Gesandte und seine Gattin schuldenfrei.15 Da Hackler später in sämtlichen Meldungen zu seinem Ableben als „pensionierter fürstlich metternichscher Hofrath“ ist zu vermuten, dass er diesen Titel zum Dank für die damals geleisteten Dienste erhalten hatte.16 Nach diesem Intermezzo in Dresden wirkte Hackler jedenfalls bis zum Jahr 1860 weiterhin als Direktor der Zentral-Güterverwaltung des Grafen Sándor17 und naturgemäß führten ihn geschäftliche Reisen auch immer wieder nach Ungarn bzw. in dessen Hauptstadt Budapest.18

Als 1860 der Paasdorfer Friedhof außerhalb des Dorfes neu angelegt wurde stiftete Hackler zunächst ein Kreuz mit einem aus Eisen gegossenen und vergoldeten Korpus Christi, das in der Mitte des neuen Friedhofs aufgestellt wurde.19 Das heute auf dem Friedhof vorhandene Kreuz entspricht natürlich nicht mehr dem Original, aber mit großer Wahrscheinlichkeit dürfte dies auf die zwischenzeitlich sicherlich mehrfach renovierte Christus-Figur zutreffen. Durch die Neuanlage des Friedhofs sah Hackler die Gelegenheit gekommen um mit der Errichtung einer Friedhofskapelle samt darunterliegender Familiengruft dem Ort ein bleibendes Denkmal zu stiften und für sich und seine Familie eine standesgemäße letzte Ruhestätte zu schaffen. Schließlich hatte Hackler wie er in dem 1861 aufgesetzten Stiftbrief der Friedhofskapelle festhielt zu Paasdorf eine besondere Zuneigung20, die sich wohl wie folgt begründen lässt: In der Paasdorfer Pfarrkirche hatte er den Bund der Ehe geschlossen, mit einer Frau, die als Tochter des Herrschaftsverwalters, wohl auch einige ihrer Jugendjahre in Paasdorf zugebracht haben dürfte und wie oben erwähnt war er über viele Jahre mit der Aufsicht über die Herrschaft Paasdorf betraut. Daneben gab es auch noch weitere familiäre Verbindungen zu Paasdorf: Hacklers älterer Bruder Johann hatte bereits 1805 nach Paasdorf eingeheiratet und lebte dort als Landwirt.21 Dessen Sohn Johann Hackler jun., also Anton Hacklers Neffe, war von 1840 bis 1870 Oberlehrer in Paasdorf und hatte auch die mit Lehrerstelle oftmals verbundenen Ämter des Regenschori und Mesners inne.22

Vorderansicht der 1861 von Anton Hackler gestiftete FriedhofskapelleVorderansicht der 1861 von Anton Hackler gestiftete Friedhofskapelle

 

Seitenansicht der Kapelle mit der darunter liegenden Gruft der Familie HacklerSeitenansicht der Kapelle unter der sich die Gruft der Familie Hackler befindet

Um die Fläche des neuen Friedhofs nicht zu schmälern kaufte Hackler ein anliegendes Stück Acker an und verleibte dieses dem Friedhof ein. Nachdem er ein entsprechendes Stiftungskapital zur Erhaltung der Kapelle hinterlegt hatte wurde der Bau seitens der Behörden und der Erzdiözese genehmigt und am 12. Oktober 1861 wurde die Kapelle eingeweiht. Die vom Gaweinstaler Baumeister Lehrl erbaute Kapelle wird im Inneren von einem großen den auferstandenen Heiland zeigenden Altarbild, das vom Wiener Künstler Carl Geiger geschaffen wurde, geziert. Im Türmchen hängt eine 153 kg schwere dem heiligen Anton von Padua (dem Namenspatron des Stifters) geweihte Glocke.23 Laut Stiftungsbrief sollten jährlich am Sterbetag Hacklers und an Allerseelen eine Messe in der Kapelle gelesen werden, letztere fand gesichert jedenfalls noch bis vor wenigen Jahren statt.

Hackler war im Lauf seines Lebens mit einigen persönlichen Schicksalsschlägen konfrontiert: drei seiner Kinder starben in der Blüte ihrer Jugend24 und auch seine Gattin ging ihm bereits im Jahre 1847 im Alter von 51 Jahren in die Ewigkeit voraus.25 Im Dezember 1868 ließ er die exhumierten sterblichen Überreste seiner Gattin, zweier Kinder und seines Schwagers von Wien nach Paasdorf überführen und hier in der Gruft bestatten.26 Anton Hackler verstarb am 15. April 1871 in seiner Wohnung am Wiener Getreidemarkt an Altersschwäche und wurde drei Tage später in der Gruft der von ihm erbauten Friedhofskapelle beigesetzt.27

Nachdem etwa um 1990 die letzten Nachfahren Hacklers in Wien verstorben waren, fiel die Friedhofskapelle in den Besitz der Gemeinde und selbige wurde in den Folgejahren gründlich renoviert.28 Im Zuge der Einführung von Straßenbezeichnungen in der Katastralgemeinde Paasdorf wurde mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderates vom 10. Dezember 1998 beschlossen in Erinnerung an den Stifter der Kapelle, die zum Friedhof (bzw. daran vorbei-) führende Straße „Anton Hackler-Gasse“ zu benennen.

Wo befindet sich die Anton Hackler-Gasse?

 

Quellen:

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Gewerbestand in Mistelbach im Jahr 1799

Auf Basis des in Fitzkas „Geschichte der Stadt Mistelbach“ veröffentlichten Häuserverzeichnisses (basierend auf herrschaftlichen Grundbüchern) konnte nachfolgende Übersicht über den Gewerbestand im Jahr 1799 erstellt werden29:

Apotheker Stadler Ignaz Hauptplatz 36
Arzt Kunkel Paul
Wache Josef
Wiedenstraße 4
Hauptplatz 10
Bäcker Heinrichmair Emeran
Kurz Michael
Schwebskirchl Johann
Wiedenstraße 8
Wiedenstraße 11
Hauptplatz 30
Bildhauer Ochsner Rudolf Marktgasse 1
Buchbinder Feitzinger Josef Oberhoferstraße 12
Büchsenmacher Alber Ignaz Berggasse 24
Drechsler Pfeifer Johann Barnabitenstraße 4
Eisenhändler Nehammer Josef
Preisel Michael
Hauptplatz 38
Hauptplatz 37
Färber Brenner Mathias
May Leopold
Kirchengasse 14
Hauptplatz 29
Faßbinder Reich Lorenz
Weber Josef
Mitschastraße 28
Hafnerstraße 5
Fleischhauer Artner Johann Georg
Kainz Josef
Koch Josef
Kreuzgasse 3
Hauptplatz 16
Kirchengasse 4
Galanterie-Spengler Köpf Johannes Hauptplatz 9
Glaser Höfling Josef
Pruß Franz jun.
Hauptplatz 26
Wiedenstraße 5
Greisler Hamada Michael
Kellinger Leopold
Mayer Johannes
Mayer Josef
Müller Johannes
Piller Johannes
Hafnerstraße 7
Oberhoferstraße 18
Kreuzgasse 10
Hauptplatz 28
Hauptplatz 32
Oberhoferstraße 2
Hafner Bernhard Johann
Brenner Michael
Hauptplatz 12
Museumsgasse 3
Handelsleute Arthaber Klara
Wintersteiner Ferdinand
Hauptplatz 33
Hauptplatz 32
Handschuhmacher Jechtl Kaspar Hauptplatz 18
Hebammen Wach Susanna Berggasse 11
Hosenschneider Müller Friedrich
Müller Johann
Oberhoferstraße 4
Hauptplatz 38
Hufschmiede Ametschleger Ferdinand
Priger Karl
Schrickmair Balthasar
Hauptplatz 40
Wiedenstraße 14
Hafnerstraße 4
Hutmacher Küttner Matthias Museumgasse 4
Kammmacher Ostermair Georg Kirchengasse 12
Kupferschmiede Doppler Karl Hafnerstraße 6
Kürschner Kirchstorfer Franz
Lachnit David
Lachnit Franz
Thaler Josef
Berggasse 26
Oberhoferstraße 10
Hauptplatz 8
Wiedenstraße 12
Lebzelter & Wachszieher Puntschert Josef
Rachenzentner Vincenz
Kirchengasse 11
Hauptplatz 15
Lederer Kirchlehner Bernhard
Ledermann Ignaz
Strasser Peter
Hauptplatz 22
Hauptplatz 11
Liechtensteinstraße 2
Leinwandhändler Noverka Dominik Hauptplatz 21
Maurermeister Lehrl Ignaz
Poller Franz
Liechtensteinstraße 9
Bahnstraße 1
Nachtwächter Waberer Andreas Oberhoferstraße 80
Nadler Brodschild Franz Hafnerstraße 3
Orgelmacher Okenfuß Wenzel Wiedenstraße 10
Posamentierer Sauli Andreas Hauptplatz 13
Riemer Hack Johann Oserstraße 2
Sattler Dietz Andreas
Pleil Franz
Hauptplatz 20
Hauptplatz 3
Schlosser Lausch Anton
Uhl Andreas
Marktgasse 4
Museumsgasse zwischen 2 u. 4
Schneider Gschlent Mathias
Kußmann Paul
Peringer Johann
Schallamair Franz
Zweck Andreas
Oberhoferstraße 14
Kreuzgasse 7
Kreuzgasse 5
Waldstraße 4
Barnabitenstraße 10
Schuhmacher Langer Ignaz
Lebersinger Lorenz
Seiler Anton
Selba Josef
Hauptplatz 14
Hauptplatz 7
Liechtensteinstraße 11
Mitschastraße 14
Seifensieder Schreiber Melchior
Übelein Karl Josef
Wolf Katharina
Wiedenstraße 3
Liechtensteinstraße 1
Oberhoferstraße 13
Seiler Pezelt Ignaz Oberhoferstraße 8
Sieberer Hofer Ignaz
Krausler Georg
Marktgasse 3
Hauptplatz 25
Spengler Bruckner Johann Hauptplatz 23
Stärkemacher Albrecht Anton Barnabitenstraße 6
Stricker Scherzer Josef
Schornbeck Michael
Mitschastraße 16
Mitschastraße 18
Tandler Panzer Franz Marktgasse 7
Teichgräber Schärf Johann Oserstraße 4
Tischler Fabian Anton
Frey Anton
Lab Anton
Oberhoferstraße 16
Liechtensteinstraße 3
Oserstraße 3
Tuchhändler Kappler Josef Hauptplatz 24
Wagner Faulhuber Johann
Hauer Florian
Hauptplatz 39
Hafnerstraße 9
Wasenmeister Eder Johann Bahnstraße 28
Weber Herzog Josef
Schulz Johann
Oserstraße 10
Liechtensteinstraße 7
Weißgerber Molak Franz
Romsdorfer Georg
Hauptplatz 31
Hafnerstraße 11
Wirte Eibl Georg
Kainz Ignaz
Kainz Josef
Zechner Florian
Hauptplatz 27
Oberhoferstraße 15
Hauptplatz 16
Hauptplatz 6
Zeugschmiede Schmidmair Michael Waldstraße 41
Zimmermeister Bader Thomas
Hautzmair Anton
Liechtensteinstraße 14
Waldstraße 23
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Zur Schießstätte

Mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderates vom 12. Dezember 2018 erhielt die bis dahin namenlose unmittelbare Zufahrtsstraße zum 1981 eröffneten Schießplatz des Mistelbacher Schützenvereins den Namen „Zur Schießstätte“. Neben der Museumsgasse, die von 1898 bis Mitte der 1930er Jahre Schießstattgasse hieß, und dem Schützenweg, der sich auf dem ehemaligen Gelände der Schießstatt Nr. 4 befindet,  handelt es sich damit bereits um die dritte Straßenbenennung in Zusammenhang mit dem Schützenwesen in Mistelbach. Weitere Informationen zur wechselvollen Geschichte des Mistelbacher Schützenvereins bzw. den verschiedenen Schießstätten im Lauf der Jahrhunderte finden sich im Beitrag zum Schützenweg.

Wo befindet sich die Straße „Zur Schießstätte“?

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Schützenweg

Die Geschichte des Mistelbacher Schützenwesens reicht laut FitzkasGeschichte der Stadt Mistelbach“ wohl mindestens bis in das 16. Jahrhundert zurück, allerdings gilt festzuhalten, dass die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen und Festscheiben im Jahre 1866 von im Schießstattgebäude einquartierten preußischen Soldaten als Brennmaterial benutzt wurden und somit unwiederbringlich verloren gingen. Die älteste überlieferte Festscheibe stammte angeblich aus dem Jahre 1596 und 1619 wird laut Fitzka in Mistelbach ein Büchsenmacher erwähnt.30 Der Ursprung dieser einst vielerorts vorhandenen „bürgerlichen Schützengesellschaften“, lag in den durch die Herrschaft angeordneten regelmäßigen und verpflichtenden Schießübungen zum Zwecke der Verteidigung. Schließlich mussten befestigte Anlagen (wie etwa die Schanze rund um die Pfarrkirche, deren Schießscharten zum Teil heute noch vorhanden sind) von der hiesigen Bevölkerung besetzt und verteidigt werden. Es gab damals nur kleine stehende Heere, denn Soldaten wurden oftmals erst im Bedarfsfall rekrutiert und auch durch lange Reisezeiten ergaben sich große Verzögerungen bei der Einsatzbereitschaft regulärer Truppen. Somit musste sich die Bevölkerung in Grenzregionen, wie dem Weinviertel, bei in früherer Zeit häufig auftretenden feindlichen Einfällen oftmals selbst verteidigen. Später wandelte sich das Schießen zu einer geselligen Freizeitbetätigung mit patriotischem Charakter.

Die erste überlieferte Schießstätte (Nr. 1) lag zwischen der heutigen Franz Josef-Straße und der (rechtsseitigen) Bahnzeile, etwa in Höhe des Notariats bzw. der dahinterliegenden Wohnhausanlage.31 In diesem Gebiet befanden sich (mindestens) bis ins 17. Jahrhundert Lehmabbaustätten und Ziegelöfen.32 Jedenfalls im Jahre 1740 dürfte sich die neue Schießstätte (Nr. 2) dann bereits im Bereich des heutigen Stadtparks (und über die Bahnstrecke hinaus) befunden haben, denn diese Jahreszahl soll in der Decke des Saales dieses Gebäudes verewigt gewesen sein. Wahrscheinlich aber liegen die Anfänge der Schießstätte Nr. 2 bereits im Jahre 1729, zumindest kann eine Festscheibe aus dem Jahr 1829 mit der ein 100-jähriges Jubiläum („Einhundert Jahr sind verflossen seit man hier vereint geschossen“) wohl in diese Richtung interpretiert werden (zum damaligen Zeitpunkt lagen ja auch die alten Aufzeichnungen noch vor). Laut Fitzka soll sich auch schon der Vorgängerbau des in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erbauten Schießstattgebäudes an eben dieser Stelle befunden haben, allerdings befand sich laut anderen Quellen hier zuvor ein Ziegelofen des Marktrichters De Venna, was wohl gegen diese Annahme spricht.33 Den zweifellos bereits vor der 1898 erfolgten offiziellen Einführung von Straßennamen gebräuchlichen Namen „Schießstattgasse“ trug die vom Rathaus hierher führende, heute Museumsgasse genannte, Straße bis Mitte der 1930er Jahre.

Ende der 1950er Jahre: links neben dem alten Feuerwehrhaus ist das alte Schießstattgebäude (Nr. II - später auch als "Kasino" bezeichnet) zu erkennen.Ende der 1950er Jahre: links neben dem alten Feuerwehrhaus ist das alte Schießstattgebäude (Nr. II – später auch als „Kasino“ bezeichnet) zu erkennen.

Durch den Bau der Staatsbahnstrecke im Jahre 1869 wurde das Gelände des Schießstandes („Schießgarten“) durchtrennt und der Betrieb musste eingestellt werden. Das Gebäude der Schießstatt Nr. 2, auch „Kasino“ genannt, wurde später von anderen Vereinen34 (kurzzeitig bspw. vom Deutschen Turnverein) bzw. dem jeweiligen Pächter des Rathaus-Gasthauses am Hauptplatz genutzt, da zu diesem ein Gastgarten („Rathausgarten“) im südlichen Teil des Stadtparks gehörte, der vom Kasino aus bewirtet wurde. 1959 wurde es gemeinsam mit dem alten Zeughaus abgebrochen und hier das im Jahr darauf eröffnete heutige Feuerwehrhaus errichtet.

Mit der seitens der Staatseisenbahngesellschaft bezahlten Ablöse wurde eine neue Schießstätte (Nr. 3) jenseits der Bahnstrecke, also im Bereich des heutigen Bundesschulzentrums bzw. der dortigen Sportanlage errichtet. Da die neue Lokalität weniger gemütlich und durch die Überquerung der Geleise auch mühseliger zu erreichen war, kam es nach der Verlegung der Schießstätte bald zum Erliegen der Aktivitäten der Schützen. Nach einem kurzzeitigen Aufblühen Mitte der 1880er Jahre wurde das Schießstattgebäude (Nr. 3) durch die Gemeinde zu einem Notspital (Quarantäne für Infektionskranke) adaptiert und von dieser angekauft. Im Jahre 1899 verkaufte die Stadtgemeinde das Areal schließlich an die in Gründung befindliche Ziegeleigenossenschaft und das hier errichtete Ziegelwerk, zuletzt im Besitz der Stadtgemeinde, war bis in die 1960er Jahre aktiv.

Nach dem neuerlichen Verlust der Schießstätte organisierten sich die Schützen 1899 unter dem Namen „Mistelbacher Schützengilde“ neu zusammen, doch beschränkten sie ihre Tätigkeit vorerst auf das Kapselschießen im Saal des Hotel Rathaus in den Wintermonaten. Durch regen Zulauf an Mitgliedern bestärkt, fasste man einige Zeit später wieder den Beschluss zur Errichtung eines Feuerschießstandes und 1906 konnte dieses aufwändige Vorhaben realisiert und im unverbauten Gebiet links der Bahnstrecke auf Höhe des heutigen Schützenweges eine neue Schießstätte (Nr. 4) errichtet werden.35

Die außerhalb der Stadt gelegene Schießstatt Nr. IV auf einer Ansicht um etwa 1910; der unterhalb davon schräg verlaufende Feldweg ist heute die Pater Helde-StraßeDie außerhalb der Stadt gelegene Schießstatt Nr. 4 auf einer Ansicht um etwa 1910;
der unterhalb davon schräg verlaufende Feldweg ist heute die Pater Helde-Straße

 

Die "Skyline" Mistelbachs mit Blick Richtung Westen um etwa 1910 - im Hintergrund ist die neue Schießstätte erkennbar.Die „Skyline“ Mistelbachs mit Blick Richtung Westen um etwa 1910 – im Hintergrund ist die neue Schießstätte (Nr. 4) erkennbar.

 

Gruppenfoto anlässlich der Eröffnung der Schießstätte (Nr. IV) auf dem Gelände des heutigen Schützenwegs im Jahre 1906Gruppenfoto anlässlich der Eröffnung der Schießstätte (Nr. 4) auf dem Gelände des heutigen Schützenwegs im Jahre 1906

Wie oben bereits erwähnt hieß die heutige Museumsgasse vormals Schießstattgasse, und nachdem sich die Schießstätte (Nr. 4) nun weiter außerhalb befand, wurde 1913 beschlossen diesen Straßennamen auch auf die (bisherige und heutige) Parkgasse auszudehnen, die zum Bahnübergang und der dahinterliegenden neuen Schießstätte hinführte.36 Der neue Straßenname konnte sich jedoch nicht durchsetzen und geriet bald wieder in Vergessenheit. Die Schießstätte wurde während der Kampfhandlungen um Mistelbach im April 1945 völlig zerstört und die Besatzungsmächte verboten sämtliche Schützenvereine, da sie als militärische Organisationen qualifiziert wurden. Insbesondere im sowjetisch besetzten Teil des Landes war eine Wiedergründung der Vereine erst nach der Wiedererstehung des souveränen Staates Österreich 1955 möglich. Zunächst entstanden zwei getrennte Vereine: Ende 1955 die Schützengilde Mistelbach, die ihr Kapselschießen im „Gasthaus zum goldenen Kreuz“ (Fam. Neumayer) in der Wiedenstraße abhielt37 und im Jänner 1956 der Schützenverein Mistelbach der sein Kapselschießen im Kino des Gasthauses „Zur goldenen Krone“ (Pächter: Franz Pollak) in der Oberhoferstraße veranstaltete38. Was auch immer die Gründe für diese anfängliche Trennung in zwei Vereine war, sie wurde im Mai 1957 überwunden und die beiden Vereine fusionierten unter dem Namen Schützenverein Mistelbach.39 Auch in den folgenden Jahren beschränkte man sich auf das sogenannte Zimmergewehrschießen (=Kapselschießen), dass in verschiedenen Gasthäusern der Stadt (Gasthaus „Zum Rebhuhn“ (Petsch-Filippinetti bzw. Schatz) und „Zur goldenen Krone“ (Heindl bzw. Pollak) gepflogen wurde.40 Mitte der 1960er Jahre befasst man sich dann wieder mit der Frage der Neuerrichtung einer Schießstätte. Der alte Standort, der lediglich vom Fürsten Liechtenstein gepachtet war, kam aufgrund des zwischenzeitlich erfolgten Siedlungsbaus ringsum nun nicht mehr in Frage und so entschied man sich zwar in derselben Gegend zu verbleiben, aber die Schießstätte etwas weiter außerhalb im Bereich der heutigen Spreitzergasse neu zu errichten. Das Eröffnungsschießen auf Schießstatt Nr. 5 fand schließlich im Juni 1968 statt.41

 

1968: die noch im Bau befindliche Schießstatt Nr. 5;1968: die noch im Bau befindliche Schießstatt Nr. 5

 

Das Siedlungsgebiet westlich der Bahnstrecke Mitte/Ende der 1970er Jahre. orange gestrichelte Linie: der heutige Schützenweg; gelbes Kästchen: einstiger Standort der Schießstätte Nr. 4 (1906 bis 1945); roter Pfeil: Schießstätte Nr. 5 (1968-1981);Das Siedlungsgebiet westlich der Bahnstrecke Mitte/Ende der 1970er Jahre.
orange gestrichelte Linie: der heutige Schützenweg;
gelbes Kästchen: einstiger Standort der Schießstätte Nr. 4 (1906 bis 1945);
roter Pfeil: Schießstätte Nr. 5 (1968-ca. 1980);

Den Namen Schützenweg erhielt diese im Zuge des Siedlungsausbaus angelegte Straße mit Beschluss des Gemeinderates vom 8. Mai 196742, schließlich befand sich die Straße auf dem Gelände der alten Schießstätte und sie sollte wenig später die Zufahrt zur einige hundert Meter außerhalb verlegten neuen Schießstätte bilden. Es war jedoch bereits damals aufgrund der zunehmenden Bautätigkeit in der benachbarten absehbar, dass eher früher als später das Ende dieser Schießstätte kommen würde. Daher wurde bereits 1981 im Bereich des Totenhauer Waldes, und damit in Nachbarschaft zum Übungsgelände des Bundesheeres, auf einem vier Hektar großen Areal die heutige moderne Schießstatt (Nr. 6) errichtet. Mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderats vom 12. Dezember 2018 wurde übrigens der zum Schießplatz führenden Straße der Name „Zur Schießstätte“ gegeben.

Wo befindet sich der Schützenweg?

 

Bildnachweis:
-) historische Ansichtskarten bzw. Foto von der Eröffnung der Schießstätte 1906: aus der Sammlung von Herrn Gerhard Lichtl – digitalisiert und zur Verfügung gestellt von Herrn Otmar Biringer
-) Ansicht altes Zeughaus: Ausschnitt einer Ansichtskarte aus der Sammlung von Herrn Gerhard Lichtl, digitalisiert von Otmar Biringer
-) Luftaufnahme der Siedlung links der Bahnstrecke: Stadtmuseumsarchiv Mistelbach

Quellen:

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Anton Hackler-Gasse (Paasdorf)

Im Zuge der Einführung von Straßenbezeichnungen in der Katastralgemeinde Paasdorf wurde mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderates vom 10. Dezember 1998 beschlossen die zum Friedhof führende bzw. entlang der Bahnstrecke verlaufende Straße nach Anton Hackler, dem einstigen Wirtschaftsrat der Herrschaft Paasdorf, Gutsverwaltungsexperten und Stifter der hiesigen Friedhofskapelle, zu benennen.

Wo befindet sich die Anton Hackler-Gasse?

 

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Michael Hofer-Zeile

Am 4. April 1925 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat die Einführung von Straßennamen in der ehemaligen Flüchtlingsstation bzw. der umliegend entstandenen neuen Siedlung. Zum Gedenken an den Architekten dieser als Villenkolonie ausgeführten Flüchtlingsunterkünfte, Ingenieur im Staatsbaudienst Michael Hofer, wurde die Straße, die die Siedlung gegen die Landesbahnstrecke hin abschließt „Michael Hofer-Zeile“ benannt. Seit auch das Gebiet östlich der Ebendorfer Straße bzw. unterhalb der Liechtensteinstraße zusehends verbaut wurde, trägt die Straße längs der Landesbahn auch jenseits der Ebendorfer Straße den Namen Hofers. Als Zeile wurden in früherer Zeit nur an einer Straßenseite verbaute Straßenzüge bezeichnet, die bspw. an einem Bach, Dorfanger oder wie hier an einer Bahnstrecke lagen (siehe etwa auch Bahnzeile).

Wo befindet sich die Michael Hofer-Zeile?

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Hofer, Ing. Michael

Hofrat Ing. Michael Hofer

* 31.7.1879, Lichtenwörth (Bez. Wr. Neustadt)
† 10.1.1958, Wien

Michael Hofer wurde 1879 als Sohn des Müllermeisters und Wirtschaftsbesitzers Michael Hofer sen. und dessen Gattin Christina, geb. Lehn, in Lichtenwörth bei Wiener Neustadt geboren.43 Die an der Warmen Fischa, außerhalb des Ortsgebiets von Lichtenwörth, gelegene Steinfeldmühle kam 1813 in den Besitz der Familie Hofer und wird bis heute von dieser geführt.44 Seine Mutter entstammte der Bierbrauerfamilie Lehn, die die Piestinger Brauerei bald nach ihrer Gründung Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm und bis in die 1990er Jahre besaß. Der Vater, Michael Hofer sen., war erfolgreicher Unternehmer, Gönner der hiesigen Pfarre und engagierte sich auch im öffentlichen Leben unter anderem als erster Hauptmann der Lichtenwörther Freiwilligen Feuerwehr.45 Zu seinem Andenken trägt die Richtung Wiener Neustadt bzw. zur Mühle führende Straße seit vielen Jahren den Namen „Michael Hofer-Straße“.

Michael Hofer jun. wuchs mit vier Schwestern und einem um ein Jahr älteren Bruder namens Carl auf, der dazu auserkoren war dem Vater als Mühlenbesitzer nachzufolgen. Somit konnte er von 1890 bis 1897 die sieben Jahrgänge umfassende Landes-Oberrealschule in Wiener Neustadt besuchen46, und legte hier im Sommer 1897 erfolgreich die Reifeprüfung ab. Bereits während der Schulzeit dürfte in ihm der Wunsch nach einer technischen Berufslaufbahn gereift sein, denn in der im Jahresbericht der Oberrealschule enthaltenen Liste der Maturanten des Jahres 1897 wird bei Hofer der Berufswunsch „Techniker“ angeführt.47 Diesem Wunsch folgend inskribierte er sich mit Beginn des Wintersemesters 1897/98 an der Bauschule der Technischen Hochschule Wien (heute: Fakultät für Architektur und Raumplanung der TU Wien) für das Studienfach Hochbau. Bis zum Wintersemester 1903/04 besuchte er dort Lehrveranstaltungen und schloss sein Studium – vermutlich nach zwischenzeitlicher Ableistung des Militärdienstes – schließlich am 28. Juli 1905 mit der Zweiten Staatsprüfung erfolgreich ab.48 Anfang November 1905 begann er seine Berufslaufbahn als Baupraktikant im Staatsbaudienst bei der k.k. niederösterreichischen Statthalterei in Wien. Der Staatsbaudienst für Niederösterreich dessen Wiener Diensträume sich an der Mariahilferstraße befanden war Teil der durch die Statthalterei ausgeübten gesamtstaatlichen Verwaltung und ist nicht zu verwechseln mit dem nö. Landesbauamt.

Schon zuvor, am 10. Oktober 1905, schloss Hofer mit Maria Muzzanelli (1880-1982), der aus Wiener Neustadt stammenden Tochter eines kaufmännischen Angestellten49, den Bund der Ehe. Diese Verbindung blieb kinderlos. Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs hatte Hofer die übliche Laufbahn im Staatsbaudienst absolviert und war in den Rang eines Bau-Ingenieurs aufgestiegen.50 In dieser Funktion wurde er bald nach Kriegsausbruch damit beauftragt ein in Gmünd gelegenes Gelände bezüglich dessen Tauglichkeit zur Errichtung eines großangelegten Flüchtlingslagers zu begutachten, denn durch die gleich zu Beginn des Krieges erlittenen Gebietsverluste im Osten des Reichs (Bukowina und Galizien) wurden vielerorts rasch Quartiere für die große Zahl an Flüchtlingen geschaffen. Die ursprünglich vorgesehenen Äcker wurden von ihm als nicht geeignet angesehen, allerdings fiel Hofer bei seiner Besichtigung ein Areal nahe dem Gmünder Bahnhof der Franz-Josefs-Bahn auf, dass er für deutlich geeigneter hielt. Seiner Empfehlung zur Errichtung eines Barackenlagers an dieser Stelle wurde Folge geleistet und schließlich wurde er auch mit der Leitung der Ausführung dieses Bauvorhabens betraut.51 Binnen kürzester Zeit konnte der Bau realisiert werden und bereits Anfang des Jahres 1915 wurden die ersten Flüchtlinge aufgenommen. Das Lager bestand während der gesamten Kriegsdauer und in der Spitze waren hier rund 30.000 Flüchtlinge, mehrheitlich aus Galizien und der Bukowina untergebracht, weshalb diese „Barackenstadt“ auch „Ukrainisch-Gmünd“ genannt wurde. Das Lager beherbergte ein Vielfaches der Einwohnerzahl von Gmünd und verfügte dementsprechend über eine eigene Infrastruktur (Kirche, Friedhof, Schule, Spital, Postamt, E-Werk, Schlachterei, Gendarmerieposten, Sommertheater, etc.). Aufgrund der kriegsbedingt herrschenden Personalknappheit wurde Hofer, nachdem er seinen unten näher geschilderten Auftrag in Mistelbach erfüllt hatte, gegen Ende des Jahres 1915 der Verwaltung dieses Flüchtlingslagers (k.k. Barackenverwaltung Gmünd) dienstzugeteilt und er fungierte ab Beginn des Jahres 1918 als einer von zwei Lagerleiter-Stellvertretern.52 Kurzzeitig dürfte Hofer auch bei der Verwaltung des Flüchtlingslagers Mitterndorf eingesetzt gewesen sein, zumindest deuten die Angaben im Niederösterreichischen Amtskalender des Jahres 1916 (erschienen zu Ende des Jahres 1915) darauf hin.53

Das unter der Leitung von Ing. Michael Hofer in kurzer Frist erbaute Barackenlager Gmünd umfasste 144 Wohnbaracken, die ingesamt bis zu 30.000 Personen aufnehmen konnten, und zahlreiche soziale, gewerbliche und technische EinrichtungenDas unter der Leitung von Ing. Michael Hofer in kurzer Frist erbaute Barackenlager Gmünd umfasste 144 Wohnbaracken, die insgesamt bis zu 30.000 Personen aufnehmen konnten, und zahlreiche soziale, gewerbliche und technische Einrichtungen

Das Gebäude der Barackenverwaltung samt dessen Vorstand anlässlich eines Besuchs des nö. Statthalters - mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte auch Michael Hofer zu den darauf abgeildeten Personen zählen (leider ist keine Fotografie von ihm überliefert)Das Gebäude der Barackenverwaltung samt dessen Vorstand anlässlich eines Besuchs des nö. Statthalters – mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte auch Michael Hofer zu den darauf abgebildeten Personen zählen

Die Errichtung des Flüchtlingslagers in Gmünd bedeutete nicht nur einen Aufschwung für die lokale Wirtschaft, sondern die Gemeindevertreter erkannten früh auch die für die weitere Stadtentwicklung bedeutende Entscheidung von Hofer bezüglich Errichtung und Lage des Flüchtlingslagers, und verliehen ihm im Dezember 1916 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Gmünd.54 Das Lager wurde nach Ende des Ersten Weltkriegs für verschiedene Zwecke und immer wieder auch als Notunterkunft genutzt und im Laufe der Jahre entstand hier auf Grundlage der Infrastruktur des Flüchtlingslagers der Stadtteil Gmünd-Neustadt. Am 23. Oktober 1957 beschloss der Gmünder Gemeinderat eine Straße in der Neustadt in Erinnerung an den Mitbegründer dieses Stadtteils „Michael-Hofer-Gasse“ zu benennen.55

Im September 1915 wurde auch in Mistelbach mit der Errichtung einer Flüchtlingsstation auf dem Areal unterhalb des Krankenhauses begonnen und mit der Planung und Bauleitung wurde Ing. Hofer, der sich durch seine Leistung in Gmünd empfohlen hatte, betraut.56 Die Quartiere wurden für Flüchtlinge aus Südtirol errichtet, da nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 auf Seiten der Entente auch an der südwestlichen Reichsgrenze Kämpfe tobten und die Zivilbevölkerung im Kampfgebiet fliehen musste. Im Unterschied zu Gmünd war die Flüchtlingsstation in Mistelbach jedoch deutlich kleiner angelegt und auch in punkto Qualität der Unterbringung wurden neue Maßstäbe gesetzt, denn Hofer plante die Flüchtlingsunterkünfte im Stile einer für damalige Verhältnisse luxuriösen Villenkolonie. Schon im April 1916 wurden die ersten Flüchtlinge aufgenommen und ein Jahr nach Baubeginn war die Flüchtlingsstation mit 47 Ein- und Zweifamilienhäuser, die in der Spitze 750 Personen beherbergen sollten, drei Gemeinschaftsgebäuden (Schule, Verwaltungsgebäude, Restaurant) und zwei Magazine fertiggestellt.57 Für Mistelbach bedeutete die Schaffung dieses neuen Stadtteils einen großen Entwicklungsschritt, schließlich wurde hier auf Staatskosten Wohnraum und Infrastruktur geschaffen, die nach der Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat, im Elend und der Wohnungsnot der Zwischenkriegszeit dringend gebraucht werden konnten. Die Flüchtlingsstation diente nach dem Krieg kurzzeitig der Unterbringung von Truppen der Volkswehr, der ersten Armee der jungen Republik, bzw. wurde ein Teil der Wohnhäuser später von der Wiener Polizei für Erholungsaufenthalte von Polizisten bzw. deren Angehörigen genutzt. Im Laufe der Zwischenkriegszeit gingen die Gebäude schrittweise in den Besitz der Stadt über und wurden von dieser an Privatpersonen verkauft. Westlich der Flüchtlingsstation wurden ab den 1920er Jahren weitere Grundstücke aufgeschlossen und im Zuge der Einführung von Straßennamen in der ehemaligen Flüchtlingsstation bzw. der sich daraus nun entwickelnden Siedlung beschloss der Mistelbacher Gemeinderat am 4. April 1925 die längs der Landesbahnstrecke verlaufende und die Siedlung südlich abschließende Gasse nach dem Architekten der Flüchtlingsstation „Michael Hofer-Zeile“ zu benennen. In der Begründung wird Hofers Einsatz dafür hervorgehoben, dass die Flüchtlingsstation nicht als Barackensiedlung, sondern in Form einer modernen Villenkolonie erbaut wurde.58

Die in Form einer Villenkolonie erbaute Flüchtlingsstation samt dem Verwaltungsgebäude im Vordergrund - aus der Perspektive des gegenüberliegenden Krankenhauses gesehen.Die in Form einer Villenkolonie erbaute Flüchtlingsstation samt dem Verwaltungsgebäude im Vordergrund – aus der Perspektive des gegenüberliegenden Krankenhauses gesehen.

Ansicht der Flüchtlingsstation aus südwestlicher RichtungAnsicht der Flüchtlingsstation aus südwestlicher Richtung

Eine Aufnahme der ehemaligen Flüchtlingsstation von südlicher Richtung, die auf der Ansichtskarte als Villenviertel bezeichnet wird. Bei der vor den ersten Häusern verlaufenden Straße (nächst der Landesbahnstrecke) handelt es sich um die Michael Hofer-ZeileEine Aufnahme der ehemaligen Flüchtlingsstation von südlicher Richtung, die auf der Ansichtskarte als Villenviertel bezeichnet wird. Bei der vor den ersten Häusern verlaufenden Straße (nächst der Landesbahnstrecke) handelt es sich um die Michael Hofer-Zeile

Nach dem Ende der Monarchie und der bald darauf folgenden Schließung des Flüchtlingslagers in Gmünd kehrte Hofer wieder nach Wien an seine Dienststelle, nunmehr Staatsbaudienst bei der niederösterreichischen Landesregierung, zurück.59 Im Oktober 1933 trat seine Dienststelle kumulativ der Vaterländischen Front, der Einheitspartei des autoritären Dollfuß-Regimes, bei. Solcherart von oben angeordnete und orchestrierte Massenbeitritte ließen die Mitgliederzahlen dieser neuen „Volksbewegung“ auf mehrere Millionen ansteigen, lassen jedoch kaum Schlüsse auf die tatsächliche politische Einstellung einer Vielzahl der Mitglieder zu. Schon Mitte der 1930er Jahren zum Hofrat ernannt stieg Hofer im Zuge einer Organisationsreform 1937 schließlich zum Leiter des Referats 9A „Allgemeine technische Angelegenheiten des Bundesbaudienstes, Hochbau, etc.“ im Landesamt I der nö. Landesregierung auf60 und hatte dieses Amt bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand inne.61 In dieser Funktion, möglicherweise aber auch aufgrund persönlicher Verbundenheit zu Mistelbach, übernahm er als Vertreter des Landes die Obmannschaft im Bauausschuss betreffend den Zu- bzw. Ausbau des Bezirkskrankenhauses Mistelbach, der auch aufgrund seines Einsatzes nach nur wenigen Monaten Bauzeit fertiggestellt und im Oktober 1937 eröffnet werden konnte.62 Im Jahr darauf führte Hofer bspw. auch die Bauleitung beim Bau eines neuen Gerichts- und Amtsgebäudes in Neunkirchen.63 Hofer war nicht Mitglied der NSDAP, war jedoch laut eigenen Angaben in Personalfragebögen während den Jahren 1938-1945 Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) und der ebenfalls der Partei angeschlossenen berufsständischen Vertretungen Nationalsozialistischer Bund Deutscher Technik (NSBDT) und Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB).

1937: Ing. Hofer (rotes X) hält anlässlich der Gleichenfeier des Krankenhausausbaus in Mistelbach eine Rede1937: Hofrat Ing. Hofer (rotes X) hält anlässlich der Gleichenfeier des Krankenhausausbaus in Mistelbach eine Rede

Im Sommer 1946 scheint Hofrat Hofer noch als Leiter der Abteilung Hochbau beim Landesbauamt auf, seine Versetzung in den Ruhestand dürfte jedoch Ende 1946 bzw. spätestens in den ersten Monaten des Jahres 1947 erfolgt sein.64 Hofrat Ing. Michael Hofer verstarb am 10. Jänner 1958 im 79. Lebensjahr in Wien und wurde im Familiengrab in Lichtenwörth bestattet.

Die letzte Ruhestätte von Hofrat Michael Hofer im Grab der Familie Hofer auf dem Lichtenwörther FriedhofDie letzte Ruhestätte von Hofrat Michael Hofer im Grab der Familie Hofer auf dem Lichtenwörther Friedhof

 

Wo befindet sich die Michael Hofer-Zeile?

 

Bildnachweis:
-) Ansichtskarten der Flüchtlingsstation Mistelbach aus der Sammlung von Herrn Gerhard Lichtl – digitalisiert und zur Verfügung gestellt von Herrn Otmar Biringer
-) Foto des Gebäudes der Barackenverwaltung Gmünd: Wiener Bilder, 10. Oktober 1915 (20. Jg. – Nr. 41), S. 10f (ONB: ANNO);
-) Foto Barackenlager Gmünd: Das interessante Blatt, 30. September 1915 (34. Jg. – Nr. 39, S. 7 (ONB: ANNO)
-) Familiengrab Hofer: dankenswerterweise zVg von Herrn Franz Ofner-Winkler (2022)
-) Das „Portrait“ (Fotoausschnitt) und das Foto der Gleichenfeier des Krankenhausausbaus 1937 entstammen dem Fotoalbum von Fr. Luise Bsteh (Stadtmuseumsarchiv Mistelbach) und sind auch in der Topothek Mistelbach unter diesem Eintrag (S. 47-48) veröffentlicht

Quellen:
-) Standesblatt Michael Hofer (Niederösterreichisches Landesarchiv)
-) Personalfragebögen zu Michael Hofer aus der NS-Zeit (Niederösterreichisches Landesarchiv)
-) diverse Ausgaben des Niederösterreichischen Amtskalenders, Niederösterreichischen Almanachs, Österreichischen Amtskalenders

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Theresia Weiß-Ring (Paasdorf)

Mit Beschluss vom 26. März 1998 benannte der Mistelbacher Gemeinderat eine neue Straße in Paasdorf nach Theresia Weiß, der Gründerin des örtlichen Verschönerungsvereins, die das Ortsbild und das kulturelle Geschehen in der Katastralgemeinde nachhaltig prägte.

Wo befindet sich der Theresia Weiß-Ring?

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Josef Strasser-Gasse

Diese Gasse entstand gemeinsam mit der Karl Fitzka-Gasse zu Beginn der 1910er Jahre als die zuvor im Besitz der Familie Strasser befindlichen Gründe zwischen Mistelufer und Mitschastraße baulich erschlossen wurden. Der berühmteste Vertreter der Familie Strasser, die unweit dieser Gasse, nämlich am Beginn der Liechtensteinstraße, mit ihrem Gerbereibetrieb ansässig war, ist Josef Strasser. Er stand der Gemeinde Mistelbach von 1867 bis 1888 als Bürgermeister vor und trug maßgeblich zum Aufschwung Mistelbachs bei, der sich auch in der Stadterhebung im Jahre 1874 widerspiegelt. Am 31. Oktober 1913 beschloss der Mistelbacher Gemeindeausschuss (=Gemeinderat) diese Gasse nach dem verdienten Bürgermeister und Ehrenbürger der Stadt zu benennen. Zunächst wurden lediglich auf der linken Straßenseite (ungerade Hausnr.) Häuser errichtet, erst Jahrzehnte später erfolgte auch die Bebauung der rechten Straßenseite dieser Sackgasse.

Wo befindet sich die Josef Strasser-Gasse?

 

Quellen:
-) Verhandlungsschrift über die öffentliche Gemeindeausschusssitzung vom 31. Oktober 1913 In: Mistelbacher Bote, Nr. 45/1913, S. 5;
-) Spreitzer, Prof. Hans: Mistelbachs Straßen- und Gassennamen In: Mistelbacher Laaer Zeitung, Nr. 38/1955, S. 2f

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De Venne-Weg

Devenne (auch Devenna bzw. verschiedenste andere Schreibweisen) lautete der Name einer im 17. und 18. Jahrhundert in Mistelbach ansässigen Bürgerfamilie, deren erster Vertreter aus Regensburg zuwanderte. Die Mitglieder dieser ursprünglich allerdings aus dem Brabant (heute ein Teil von Belgien) stammenden Familie brachten es hier als Apotheker, Handelsleute und Steuereinnehmer zu großem Wohlstand und der letzte (bekannte) Vertreter der Mistelbacher Linie, Ferdinand Maximilian Devenne, bekleidete auch das Amt des Marktrichters. Er war es auch der Mitte des 18. Jahrhunderts das Barockschlössl als seinen Wohnsitz erbauen ließ und somit bleibende Spuren im Mistelbacher Stadtbild hinterlassen hat. In der Sitzung vom 14. November 1974 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat eine Gasse in der erweiterten Stadtwald-Siedlung nach der Familie des Erbauers des Barockschlössls zu benennen.

Wo befindet sich der De Venne-Weg?

 

Quellen:
-) Mitscha-Märheim, Univ.-Prof. Dr. Herbert: „Zur Herkunft der Familie des Mistelbacher Marktrichters Devenne“ In: Weinviertler Nachrichten, Nr. 16/1964, S. 5
-) Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 183, Jänner 1975, S. 5

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