Bürgermeister Regierungsrat Franz Bayer
* 5.6.1909, Hagenberg
† 24.9.1992, Mistelbach
Franz Bayer wurde 1909 als Sohn des Hagenberger Landwirts Franz Bayer und dessen Gattin Elisabeth, geb. Höbert, geboren.1 Er besuchte die einklassige Volksschule in seinem Heimatort Hagenberg, und aufgrund seiner guten schulischen Leistungen wurde ihm der Besuch des Gymnasiums nahegelegt. Für Bauernkinder bot oftmals die Kirche die einzige Möglichkeit zu damals kostspieliger höherer Bildung zu gelangen und so wurde Bayer Zögling im erzbischöflichen Knabenseminar Hollabrunn und besuchte dort das hiesige humanistische Gymnasium. Während seiner Zeit im Knabenseminar reifte in ihm der Entschluss Priester zu werden, und so trat er nach dem Ablegen der Reifeprüfung 1929 in das Priesterseminar der Erzdiözese Wien ein. Gleichzeitig inskribierte er sich im Wintersemester 1929/30 an der Universität Wien für das Studium der katholischen Theologie, und zu seinen Professoren an der theologischen Fakultät zählte der spätere Kardinal Theodor Innitzer.2 Im Sommer 1932 erkrankte er jedoch an einer schweren Lungentuberkulose, die lange Krankenhaus- und Kuraufenthalte zur Folge hatte, und während seiner langwierigen Genesung hatte er viel Zeit über seine weitere Lebensplanung nachzudenken und entschied sich schlussendlich, trotz bereits recht weit fortgeschrittenem Studium, gegen eine geistliche Laufbahn und für einen profanen Lebensweg.
Er fand daraufhin 1934 Anstellung als Buchhalter bei der Mistelbacher Genossenschaftsmolkerei und bezog ein Zimmer in der Wohnung der Eltern von Dr. Leopold Kautz, mit dessen Familie ihn zeitlebens eine enge Freundschaft verbinden sollte. Zu dieser Zeit begann auch sein Engagement bei den Mistelbacher Vereinen und er war damals unter anderem beim christlich-deutschen Turnverein aktiv. 1938 ehelichte er Theresia Misch und dieser Verbindung sollten vier Kinder, eine Tochter und drei Söhne, entstammen.3 Von 1943 bis 1945 musste er seinen Dienst als Soldat der Deutschen Wehrmacht leisten und er geriet bei Rückzugsgefechten im Baltikum zu Ende des Krieges in russische Kriegsgefangenschaft. Die Gefangennahme verhinderte das Erreichen des Schiffes mit dem seine Einheit in Richtung Westen evakuiert werden sollte, doch dieses Schiff wurde auf seiner Fahrt versenkt und dies hätte ihn vermutlich sein Leben gekostet. Bis zu seiner Freilassung aus der Kriegsgefangenschaft im November 1947 musste er in einem Ölschieferbergwerk im Ural Zwangsarbeit verrichten.4
Als er nach Mistelbach zurückkehrte war seine dringendste Aufgabe der Wiederaufbau seines im Krieg zerstörten Hauses, um seiner Familie wieder ein Heim zu geben. Er kehrte in seinen Beruf in der Mistelbacher Molkerei zurück und nahm wieder regen Anteil am Mistelbacher Vereinsleben. Er war unter anderem Mitglied im Verschönerungsverein, gehörte dem Pfarrkirchenrat an, engagierte sich bei der Österreichischen Jugendbewegung (Vorläufer der JVP) und im ÖAAB, und war einer der Gründer und erster Obmann der 1948 gegründeten Turn- und Sportunion Mistelbach.
Bgm. Bayer als Gründungsmitglied der katholischen Studentenverbindung „Falkenstein“ Mistelbach 1965
1950 wurde der Gemeinderat erstmals nach dem Krieg wieder durch das Volk gewählt und in der Folge wurde der ÖAABler Bayer, als Kompromisskandidat der ÖVP-Bünde, im Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt. Zwei der wichtigsten Aufgaben zu Beginn seiner Amtszeit waren der Siedlungsbau (Am Schloßberg, Bahnzeile, Totenhauer), um die Wohnungsnot zu lindern und die Zuteilung, der für die (Wiederauf-)Bautätigkeit notwendigen und damit sehr begehrten Ziegel aus der gemeindeeigenen Ziegelfabrik. Auch die Zusammenarbeit bzw. der Umgang mit der sowjetischen Besatzungsmacht war eine schwierige Herausforderung, bei der ihm seine in der Kriegsgefangenschaft erworbenen Russischkenntnisse nutzten. Auch sein ältester Bruder, Mathias Bayer, bekleidete das Amt des Bürgermeister von Hagenberg von 1942 bis 1960.5
Nachfolgend ein paar Aufnahmen, die Bayer während seiner Amtszeit als Bürgermeister zeigen:
Bürgermeister Bayer – Wahlkampf-Werbefoto 1960er Jahre
Anfang der 50er Jahre: P. Otto Bader, Kardinal Innitzer, Bgm. Bayer
Bundespräsident Schärf und Landeshauptmann Figl in Mistelbach anlässlich deren Ernennung zu Ehrenbürgern Mistelbachs 1964, rechts Bgm. Bayer
Bgm. Bayer mit Dr. Kreisky bei einem Besuch im Mistelbacher Krankenhaus 1966
Bgm. Bayer hält die Eröffnungsrede anlässlich der 24. niederösterreichischen Feuerwehrleistungsbewerbe, die von 5.-7. Juli 1974 in Mistelbach stattfanden
Das Amt des Bürgermeisters bekleidete er bis 1975, und allein dies ist schon Zeugnis seiner großen Popularität in der Bevölkerung, für deren Sorgen und Nöte er immer ein offenes Ohr hatte. In dem Vierteljahrhundert in dem er die Geschicke der Stadt lenkte, wurde der Grundstein für den Aufstieg Mistelbachs zum Zentrum des Weinviertels gelegt und der Wiederaufbau bzw. Ausbau der Infrastruktur, die Errichtung von Schulen, Weinlandbad und Markthalle, sowie die Gemeindefusion zur heutigen Großgemeinde Mistelbach sind nur ein kleiner Auszug seiner bedeutenden Leistungen für die Stadt. Beruflich wechselte er 1957 von der Molkerei in das Mistelbacher Krankenhaus, wo er bis zu seiner Pensionierung 1976 als Verwaltungsdirektor wirkte und dessen enormen Ausbau er maßgeblich mitprägte.
Anlässlich seines Ausscheidens als Bürgermeister wurde ihm 1975 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Mistelbach mittels einstimmigem Gemeinderatsbeschluss verliehen und auch zahlreiche andere hohe Auszeichnungen wurden ihm, der sich stets in den Dienst des Gemeinwohls stellte und sich vielseitig engagierte, zuteil.6 Auch im Ruhestand war er weiter im Gemeinschaftsleben der Stadt aktiv, beispielsweise als langjähriger Obmann des von ihm gegründeten Sozialhilfevereins und des Stadtchores. Darüber hinaus verfasste er gemeinsam mit Prof. Hans Spreitzer die 1968 in der heimatkundlichen Beilage zum Amtsblatt der BH Mistelbach veröffentlichte Ortsgeschichte seines Geburtsortes Hagenberg und auch für die von ihm mitinitiierte, seit 1962 erscheinende Schriftenreihe „Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart“ verfasste er einige Beiträge. 1992 verstarb Altbürgermeister Franz Bayer und wurde in einem Ehrengrab auf dem Mistelbacher Friedhof beerdigt. Vier Jahre nach seinem Tod beschloss der Mistelbacher Gemeinderat in Würdigung seiner großen Verdienste einer Straße den Namen Franz Bayer-Straße zu verleihen.
Altbürgermeister Franz Bayer in seinen letzten Lebensjahren
Wo befindet sich die Franz Bayer-Straße?
Quellen (& Anmerkungen):
-) Gemeindezeitung – Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 4 (fälschlicherweise als Nr. 2 bezeichnet), 1989, S. 5
-) Gemeindezeitung – Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 10, 1992, S. 1f
-) Gespräch mit Fr. Elisabeth Holzer, Tochter von Franz Bayer, im Februar 2017
-) Weinviertler Nachrichten, 24/1959, S. 3 (Portrait der Woche)
Bildnachweis:
zVg von RegR Alfred Englisch u. Stadtgemeinde Mistelbach
Brand Aus – Mitteilungen des niederösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes, Heft 8, 1974, S. 280
Krankenhaus Mistelbach (Hrsg.): Festschrift 50 Jahre Krankenhaus Mistelbach (1960)
- Pfarre Hagenberg: Taufbuch (1899-1938), Fol. 99
Eintrag Taufbuch Pfarre Hagenberg - Nationale Franz Bayer im Archiv der Universität Wien
- Pfarre Mistelbach: Trauungsbuch (1927-1938), Fol. 269
Eintrag Trauungsbuch Pfarre Mistelbach - Österreichische Zeitung, 27. November 1947, S. 6 (ONB: ANNO)
- Bayer, Franz/Ettl, Josef/Spreitzer, Prof. Hans: Hagenberg In: Heimat im Weinland – Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, Band VIII (1968), S. 427
- Niederösterreichische Nachrichten – Ausgabe: Der Weinviertler, 17/1975, S. 11;
Niederösterreichische Nachrichten – Ausgabe: Der Weinviertler, 18/1975, S. 11