Inspiriert von Weiskerns Topographie Niederösterreichs (1768) veröffentlichte der aus Wien stammende Autor und Topograph Franz Xaver Schweickhardt in den Jahren 1831 bis 1841 sein 34-bändiges historisch-topographisches Werk „Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens“. Nachfolgend die Einträge zu Mistelbach und seinen heutigen Katastralgemeinden.
Ebendorf
Ein Dorf von 69 Häusern und eine für sich bestehende Herrschaft mit der nur ½ Stunde entfernt gelegenen Poststation Wilfersdorf. Der Ort gehört zur Kirche nach dem nahen Mistelbach, zur Schule aber nach Lanzendorf. Den Werbkreis besitzt das Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4. Landgericht, Orts- und Conscriptionsobrigkeit ist die Herrschaft Ebendorf, als Grundherrschaften aber sind die Dominien Prinzendorf, Mistelbach und Wilfersdorf bezeichnet.
Der Ort Ebendorf und respective Herrschaft enthält 76 Familien, 170 männliche, 172 weibliche Personen, 63 schulfähige Kinder, 29 Pferde, 92 Kühe, 850 Schafe (meist herrschaftliche), 3 Ziegen, 119 Schweine, 129 Joch 1586 Quadratklafter Wiesen, 782 Joch 374 Quadratklafter Äcker und 85 Joch 567 Quadratklafter Weingärten. Die Einwohner sind Landbauern mit einer geringen Bestiftung und haben außer zwei Schuhmachern und einem Schmied sonst keine Handwerker unter sich. Sie beschäftigen sich ausschließlich mit Feld- und Weinbau, wozu die Gründe ziemlich gut sind. Es werden die gewöhnlichen vier Körnergattungen gefechst und der Wein gehört zu den besseren Landweinen. Obstpflege und Viehzucht sind unbedeutend.
Ebendorf liegt von der Brünner Poststraße ½ Stunde links bevor man nach Wilfersdorf gelangt, nur 1/4 Stunde von Mistelbach entfernt und hat in der Nähe Lanzendorf und Kettlasbrunn. Die Lage des Orts ist flach im sogenannten Zayathale, wobei der Zayabach im Rücken desselben vorüberfließt und an welchem hier zwei Mühlen stehen; es bestehen zwei geschlossene Reihen Häuser, welche durchaus mit Stroh gedeckt sind. Die Wege führen von der Poststraße durch Ebendorf nach Mistelbach, Asparn an der Zaya und überhaupt ist die hiesige Gegend recht angenehm, mit gesundem Klima und gutem Wasser versehen. Besonders bemerkenswerthe Gebäude gibt es hier keine; bloß das herrschaftliche Schloß kommt anzumerken, selbes ist aber sehr klein und mit einem Thürmchen versehen. Kirche besitzt der Ort keine sondern gehört nach Mistelbach, wie wir schon oben erwähnt haben.
Den Namen Ebendorf erhielt das Dorf von seiner natürlichen ebenen Lage; es ist ein sehr alter Ort, die ersten Besitzer aber kennt man nicht davon, doch scheint ein solcher ein Eigenthum der Landesfürsten gewesen zu seyn, da Herzog Albrecht den 3. März 1290 einen Bauernhof zu „Erwendorf“ an die Capelle des heil. Johann des Täufers in Klosterneuburg schenkt. Im Jahre 1570 wird uns zuerst Johann Hütter von Hütershofen als Herr von Ebendorf bekannt. Johann Bernhard Freiherr von Fünfkirchen kauft den 3. November 1602 von Gebhardt Wilhelm Ritter von Welzer das Gut Ebendorf und einige Unterhanen zu Rohrbach im Viertel unter dem Manhartsberg. Kurz darauf kam Wolfgang Ernest Fatzy zum Besitze, der solches aber schon wieder den 19. September 1611 dem Edlen Simon Schröttl von Schrottenstein käuflich überließ. Nach diesem waren nach der Vormerkung im n.ö. ständischen Gültenbuche bis gegenwärtig folgende Besitzer: Im Jahre 1650 Lucretia Mechtl von Engelburg geborene von Schrottenstein, von ihrem Vater dem Vorigen; in demselben Jahre noch Wolfgang Helmhard Freiherr von Schieffer durch Kauf; im Jahre 1659 Christoph von Sinzendorf; im Jahre 1683 Johann Thomas Feyrer von Feyerhofe druch Kauf von der Frau Maria Eleonora Freiin von der Ehr geborene von Rauchenberg; im Jahre 1705 Philipp Oswald Martinitsch Edler von Mayersberg durch Kauf von den Erben des Vorigen; im Jahre 1741 dessen Sohn Johann Ferdinand; im Jahre 1743 Maria Antonia Martinitsch Edle von Meyersberg geborene von Engelshofen durch Kauf von ihren Kindern; im Jahre 1773 Franz Matinitsch Edler von Meyersberg durch Abtretung von seiner Mutter Maria Antonia; im Jahre 1805 Anton Edler von Kriegshuber; im Jahre 1824 Julius Joseph Ritter von Hüttersthal; im Jahre 1828 Elisabetha von Hüttersthal; und im Jahre 1830 Joachim Freiherr von Schell-Bauschlott, k.k. Oberstlieutenant, welcher die Herrschaft Ebendorf noch besitzt, solche aber verpachtet hat. Geschichtliche Ereignisse oder sonstige Schicksale sind von diesem Orte keine bekannt.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band I (1833), S. 174-176
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Eibesthal
Ein Kirchdorf mit 196 Häusern und der nächsten Poststation Wilfersdorf. Kirche und Schule befinden sich im Orte. Davon gehört das Patronat dem Barnabiten-Collegium zu Mistelbach, die Kirche aber in das Decanat Wilfersdorf zu Hausleuthen (korrekt Hauskirchen). Den Werbbezirk besitzt das Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4. Das Landgericht ist die Herrschaft Wilfersdorf. Behauste Unterthanen haben hier die Herrschaft Zistersdorf, das Collegium Mistelbach, das Kloster zu Asparn an der Zaya, das Stift Klosterneuburg, die Pfarre Strohnsdorf, die Kirche von Eibesthal und das Dominium Wilfersdorf, welch‘ letzteres auch zugleich Orts- und Conscriptionsobrigkeit ist.
Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf 221 Familien mit Inbegriff von 569 männlichen, 475 weiblichen Personen und 190 schulfähigen Kindern, welche einen Viehstand von 30 Pferden, 200 Kühen und 400 Schafen besitzen. Die Bewohner von Eibesthal sind Landbauern mit geringer Bestiftung, welche die unentbehrlichen Handwerker unter sich haben, und Acker- gleichwie auch Weinbau treiben. Sie bauen die gewöhnlichen vier Hauptkörner-Gattungen auf ihren mittelmäßigen Grundstücken, welche öftern Überschwemmungen von dem Zayabache ausgesetzt sind. Aus Mangel an Futter, da der Kleebau nicht mit Fleiß betrieben wird, und daher auch nicht gedeihet, ist die Viehzucht in sehr schlechtem Zustande.
Das Dorf Eibesthal liegt 1/4 Stunde rechts von der Brünner Hauptstraße entfernt, zwischen Wilfersdorf und Ginzersdorf von einer Hügelreihe eingeschlossen in der Niederung derselben, worin Rannersdorf, Prinzendorf, Bullendorf und Erdberg die nächst gelegenen Ortschaften sind. Die Häuser welche größtentheils mit Stroh gedeckt sind, befinden sich in schlechtem Bauzustande. Die Jagd liefert Hasen; Klima und Wasser sind gut, die Gegend angenehm. Es befindet sich hier auch die herrschaftliche Schäferei.
Die hiesige Pfarrkirche ist uralt und dem heiligen Evangelisten Marcus geweiht. Der älteste Theil derselben ist das Presbyterium, das Schiff aber scheint erst später zugebaut worden zu seyn. Als in neuerer Zeit diese Kirche die hiesige Pfarrgemeinde nicht mehr fassen konnte, so wurde im Jahre 1828 rückwärts ein neuer Theil, welcher breiter und höher als das Schiff und mit einem Gewölbe versehen ist, erbaut. In eben diesem Jahre wurde auch der Thurm über diesem neu angebauten Theile ausgeführt, das Dach mit Schindeln gedeckt und roth angestrichen. Die Bauart des mit Schindeln gedeckten Presbyteriums ist gothischen Styles. Das Schiff ist sehr nieder und gewölbt, dessen Mauern bei dem Baue im Jahre 1828 erhöhet und mit Ziegeln eingedeckt wurde. Im Innern des neu erbauten Theiles sind vier Pfeiler angebracht, auf welchen der Thurm ruht, und die auch durch den im ersten Stocke befindlichen Chor geführt sind. In der Kirche befindet sich nebst dem Hochaltare auch ein Seitenaltar mit dem Bilde der Mutter Gottes Maria Hilf geziert. Beide sind gemauert und ersterer steht ganz frei, so daß man um selben herumgehen kann. Hinter diesem befindet sich an der Wand befestigt das Bild des heil. Markus in hölzernen Rahmen und mit einigen Verzierungen umgeben. Neben selben stehen Säulen und Statuen und in der Höhe vergoldete Engel, welche das aus Holz gezierte Auge Gottes halten. Dieses alles ist aber sehr morsch und bedarf dringend einer Erneuerung. Merkwürdigkeiten gibt es hier keine. Die Zeit der Erbauung dieser Pfarrkirche ist nicht bekannt, doch ist selbe unstreitig von hohem Alter. In dem Kirchenvisitations-Protokolle der niederösterreichischen landesfürstlichen Lehenstube vom Jahre 1544 erscheint dieselbe schon als Pfarre und war bis zum Jahre 1666 der heil. Magdalena, vom Jahre 1675 an aber dem heil. Markus geweiht. Aus welchem Grunde die Kirchenpatrone gewechselt wurde, darüber sind keine Urkunden vorhanden, jedoch ist es nicht unwahrscheinlich, daß zur Zeit des Protestantismus diese Kirche ihre Gläubigen verlor und sodann bei der neuerlichen Einweihung den heil. Markus zum Patron erhielt. Der Leichenhof, welcher bis zum Jahre 1815 sich um die Pfarrkirche herum befand, ist nun außer dem Dorfe angebracht, mit Mauern umfangen und im Innern an denselben mit Pappeln bepflanzt. Der Gottesdienst wird von einem Pfarrer allein versehen.
In welche Periode die Entstehung des Dorfes Eibesthal, früher ein eigenes Gut Iwanstal genannt, fällt, ist in der Geschichte nicht aufzufinden, doch wird dessen hohes Alter dadurch beurkundet, daß im Jahre 1161 ein Berthold von Iwanstal im dritten Stiftbriefe des Schottenklosters von Herzog Heinrich II. Jasomirgott und im Jahre 1181 in einer Urkunde eben dieses Stiftes von Herzog Leopold, als Zeuge vorkommt. Dieser Ort gehörte nachmals den alten Herren von Mistelbach, und kam nach deren Abgang an das Hauch Liechtenstein. Von dem Geschlechte der Iwanstal schweigt übrigens die Geschichte ganz, und es ist daher die Zeit von dessen Entstehen so wie von dessen Ausblühen unbekannt, und auch von den allfälligen Schicksalen, welche diesen Ort betroffen haben mögen, nichts aufzufinden.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band I (1833), S. 200-202
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Frättingsdorf
Ein Dorf mit 69 Häusern und der nächsten Poststation Poysdorf. Dieser Ort ist zur Kirche und Schule nach Hörersdorf angewiesen. Den Werbbezirk besitzt hier das Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4. Landgericht ist die Herrschaft Staatz, welche auch zugleich Orts- und Conscriptionsobrigkeit ist. Behauste Unterthanen haben hier die Pfarren Hörersdorf und Wultendorf, Spital Mistelbach, Minoriten-Kloster Asparn an der Zaya, die Herrschaften Loosdorf, Asparn an der Zaya, Hagenberg, Prinzendorf, die Pfarrkirche Staatz und die Propstei Staatz.
Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf 76 Familien, 153 männliche, 156 weibliche Personen und 46 Schulkinder, welche einen Viehstand von 26 Pferden, 92 Kühen, 88 Schafen, 8 Ziegen und 60 Schweinen halten. Die Bewohner sind Landbauern, welche sich mit Acker- und Weinbau so wie auch mit der Obstpflege beschäftigen und im Ganzen nur mittelmäßig bestiftet sind. Sie haben bloß die nöthigsten Handwerker unter sich und treiben mit Obst einen Handel nach Wien. Nebst den gewöhnlichen vier Hauptkörnergattungen bauen sie auf ihren Grundstücken, welche nur von mittelmäßiger Beschaffenheit und öfteren Reifschäden ausgesetzt sind, auch Mais. Die Viehzucht ist, wie größtentheils in dieser Gegend nur auf den Hausbedarf beschränkt und genießt keine Stallfütterung.
Frättingsdorf liegt von der nächsten Poststation Poysdorf ungefähr 2 Stunden links von der Brünner-Poststraße entfernt, in einem Thale, welches der sogenannte Dorfbach durchfließt, und grenzt mit den Ortschaften Hörersdorf, Loosdorf, Wultendorf, Ehrnsdorf, Waltersdorf und Hagenberg. Die Häuser sind in zwei Reihen gebaut, mit Stroh eingedeckt und einige von ihnen ganz mit Gärten umgeben. Die Gegend hier ist übrigens von ziemlicher Annehmlichkeit, jedoch werden keine besonderen Merkwürdigkeiten getroffen. Ein zur Herrschaft Staatz gehöriger Wald nebst einigen Gemeindeholzäckern befinden sich im Ortsbezirke und die Jagd, welche Rehe, Hasen, Fasane und Rebhühner liefert, kann mittelmäßig genannt werden. Klima und Wasser sind gut.
Von der Entstehungsperiode so wie von den Schicksalen dieses Ortes ist nichts bekannt, da hievon keine Urkunden vorhanden oder sonst aufgezeichnete Ereignisse bekannt sind. Der Ortsname scheint sich auf seinen Gründer zu beziehen; auch ist das hohe Alter desselben außer allen Zweifel zu ziehen.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band II (1834), S. 48-49
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Hörersdorf
Ein Dorf von 99 Häusern, welches Poysdorf zur nächsten Poststation hat. Pfarre und Schule befinden sich im Orte, im Decanate Laa; das Patronat gehört dem Fürsten Philipp Batthyány. An behausten Unterhanen besitzen hierselbst die Herrschaften Prinzendorf 62, Staatz 5, dann das Barnabiten-Collegium zu Mistelbach 1. Landgericht ist die Herrschat Staatz, Orts- und Conscriptionsobrigkeit die Herrschaft Prinzendorf. Der Wehrkreis gehört dem Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4.
Der Seelenstand umfaßt in 106 Familien, 234 männliche, 244 weibliche Personen und 100 schulfähige Kinder, welche 18 Pferde, 140 Kühe, 250 Schafe und 150 Schweine halten. Im Ganzen können die hiesigen meist lehmigen Gründe, nicht gut genannt werden, besonders da sie wenig Dünger erhalten, welchen man fast allen in die Weingärten verwendet. Auch unterliegen sie öftern Reifschäden. Die meist aus Hauern bestehenden Einwohner ernähren sich von einem bedeutenden Weinbau, wobei sie auch Körnerfrüchte aber meist nur Korn und Hafer erbauen; Obst gibt es ebenfalls in Menge; im Ganzen sind sie gut bestiftet und haben auch die nöthigsten Handwerker unter sich. Die Viehzucht hingegen ist, da keine Weiden vorhanden sind in einem schlechten Zustande; das wenige Vieh wird daher meistens im Hause erhalten.
Der Ort besteht in unregelmäßig zusammengebauten Reihen Häuser, welche meist mit Stroh gedeckt sind, und liegt in einem mäßigen hübschen Thale, eingehüllt von den Hausgärten; durch ihn führt bloß eine Seitenstraße von der Stadt Laa nach dem Markte Mistelbach. Ein Bächlein fließt durch den Ort nach Siebenhirten. Die Gegend ist im Ganzen zwar nicht bergig aber doch sehr angenehm und auf den Hügeln sind so viele Waldungen vorhanden, daß die Einwohner ihren Holzbedarf daraus beziehen können. Die Jagd ist sehr unbedeutend, da außer einigen Hasen und Rebhühnern kein anderes Wild vorhanden ist. Wasser und Klima können gut genannt werden. Die nächstgelegenen Ortschaften sind Mistelbach, Asparn an der Zaya, Siebenhirten, Staatz und Ameis; erstere zwei Märkte jeder eine Stunde, die übrigen Orte minder weit entfernt. Wenn man so die ganze hiesige Umgebung in Betrachtung zieht, so findet man, daß Hörersdorf entfernt von allen geräuschvollen Straßen in wahrhaft ländlicher harmonischer Stille recht malerisch gelegen ist. Besonders schön ist die Ansicht des Dorfes von der Seite von Frättingsdorf her, von welcher sich an der Anhöhe pitoreske Partien zeigen. In der That seltsam und wunderbar ist aber die Aussicht, wenn man die Anhöhe außerhalb Hörersdorf zwischen den Weingärten gewonnen hat; da eröffnen sich Gruppen beiderseitige Hügelreihen, und in der Mitte zwischen denselben taucht wie aus einem Meer, weil der Hintergrund eine bis in die blaue Ferne sich verlierende Fläche bildet, auf ganz freien kühnen Felsen die majestätische Ruine von Staatz empor. Höchst merkwürdig ist die Ansicht, die gewiß nicht überraschender und großartiger seyn kann als von hier aus, wo uns die in fahles Licht gestellten verfallenen Schloßmauern ernst anstarren, die bedeutende Riesenstärke zeigend, welche sie einst in den grauen Vorzeiten gehabt haben und noch jetzt in Trümmern gebrochen den Eingriffen der Zeit trotzend. Fürwahr zwei sehr verschiedene Ansichten! – nämlich jene nach den stillen Hörersdorf voll ländlicher Lieblichkeit und Anmuth und dorthin nach jener vor Jahrhunderten so mächtigen Burg, wie nicht eine zweite Ansicht dieser Art in Österreich vorhanden ist. Schon dieserwegen allein wäre ein Ausflug für den Reisenden hieher belohnend. So birgt denn unser Österreich inmitten der lieblichsten Gebilde Absätze in der Natur, die einen höchst ernsten Charakter an sich tragen und unsere ganze Bewunderung verdienen!
Die Kirche, welche klein und nicht von besondern Ansehen ist, liegt über zweyhundert Schritte gegen Osten vom Dorfe entfernt auf einem ziemlichen Berge, von wo aus dieselbe mit dem darunter sich hinziehenden Dorfe ein schönes ländliches Bild gewährt. Sie ist dem heiligen Oswald, einstigen Könige von Dänemark geweiht. An ihrem Äußeren zeigt sich das gothische Presbyterium noch ziemlich fest, das später zugebaute Schiff aber sammt der drei Glocken enthaltenden Thurme in neuerem ziemlich schlechten Style. Außer dem Hochaltar sind noch zwei Seitenaltäre von denen der eine dem heiligen Florian, der andere der Jungfrau Maria geweiht ist, sämmtlich von Holz und einfach verziert, vorhanden. An sonstigen Merkwürdigkeiten ist in diesem Gotteshause nicht zu bemerken; jedoch sind die Paramente hinreichend und für eine Landkirche auch schön zu nennen. Als Filiale gehört jetzt nur noch der Ort Frättingsdorf ¾ Stunde entfernt hierher, außer welchem früher auch noch Siebenhirten ½ Stunde weit, eingepfarrt war, weshalb sich damals zwei Priester hier befanden, gegenwärtig jedoch bloß einer als Pfarrer die geistlichen Functionen versieht. Der Leichenhof ist zunächst der Kirche angelegt. Über das Geschichtliche in Bezug auf diese Kirche führen wir an, daß obgleich keine Documente die ihre Gründung angeben, vorhanden sind, dieselbe als eine Capelle, welche das erwähnte Presbyterium jetzt bildet, schon in früher Zeit bestanden habe, wobei auch das Pfarrdenkbuch erwähnt, daß im Jahre 1351 die erste Stiftung zur Verbesserung des Unterhaltes für einen bleibenden Pfarr-Vicarius geschah, da solcher vorher von Mistelbach aus, wohin Hörersdorf gewiesen war, erhalten ward.
Auch über die Entstehung und das Alter des Ortes läßt sich zwar nichts Genaues angeben, jedoch finden wir denselben in einer Verkaufs-Urkunde des Stiftes Klosterneuburg aus dem XII. Jahrhundert, worin ein Perdolf von Herolesdorf mit drei Söhnen erscheint, außer welchem jedoch keiner dieses Namens mehr vorkommt. Wahrscheinlich hatte diese Familie auch daselbst ein Besitzthum, da der Ort schon von jeher dem Stifte Klosterneuburg gehörte, das seit dem Jahre 1820, der Entfernung wegen, von dem ihm ebenfalls zugehörenden Prinzendorf aus die Gerichtsbarkeit üben läßt, übrigens aber den Namen des Ortes angenommen, wenn nicht etwa selbst gegründet. Der frühere Name Herolesdorf ist von seinem Erbauer Herold oder Heroles abgenommen, dagegen aber die jetzige Benennung als Hörersdorf ohne allen Grund und Sinn verunstaltet worden.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band III (1834), S. 29-32
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Hüttendorf
Ein Kirchdorf welches 100 Häuser zählt, mit der nächsten Poststation Wilfersdorf. Kirche und Schule befinden sich im Orte; erstere gehört in das Decanat Hauskirchen und das Patronat dem Barnabiten-Collegium zu Mistelbach. Den Werbkreis besitzt das Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4. Landgericht ist die Herrschaft Paasdorf. In diesem Orte haben mehrere Dominien behauste Unterthanen als: die Herrschaft Paasdorf, das Barnabiten-Collegium in Mistelbach, das Minoriten-Collegium zu Asparn an der Zaia, die Herrschaften Ladendorf und Staatz, die Pfarre Niederleis, Mailberg, Wilfersdorf, Zistersdorf, Paasdorf und das Domcapitel zu Wien.
Die Bevölkerung von Hüttendorf besteht in 147 Familien mit 291 männlichen, 341 weiblichen Personen und 120 Schulkindern. Der Viehstand: in 34 Pferden, 133 Kühen und 159 Schafen. Die Einwohner sind Landbauern mit einer mittelmäßigen Grundbestiftung und haben die nothwendigen Handwerker unter sich. Sie beschäftigen sich mit Wein- und Feldbau und verführen ihre Producte zum Verkaufe. Es werden meist Weizen, Korn, Hafer, etwas Gerste, Mais, Heidekorn, Erbsen und Linsen gebaut, wozu die Gründe gut sind, die zuweilen aber vom Hagelwetter, die Weingärten dagegen vom Frost betroffen werden. Nebst der nicht unbedeutenden Obstpflege wird auch die Viehzucht gut betrieben.
Hüttendorf liegt von der Brünner-Poststraße links ab von der Poststation Wilferdorf etwa 1 ½ Stunden Fußweges entfernt, zwischen den beiden Märkten Asparn an der Zaia und Mistelbach in einem angenehmen Thale, wovon Ebendorf, Lanzendorf und die Herrschaft Paasdorf die anderen nächsten Ortschaften sind. Das Dorf ist sehr nett und reinlich, in zwei langen Reihen Häusern, die eine breite Gasse bilden, gebaut und die Häuser mit Ausnahme einiger Ziegeldächer meist mit Stroh gedeckt. Die Keller, Preßhäuser, Scheunen und bedeutenden Obstgärten befinden sich hinter den Wohngebäuden. Der Zaiabach fließt im Rücken des Ortes neben und durch die Wiesen; an diesem stehen drei hierher gehörige Mühlen, nämlich die Grünberger-, Feld- und Ortsmühle. Unfern vom Orte ist der sogenannte Hüttendorfer-Berg und der Hüttendorfer-Wald gelegen, welche beide sehr beträchtlich sind. Die Jagdbarkeit, ein Eigenthum der Herrschaft, ist jedoch nicht von Belange, sie liefert nur Hasen und Rebhühner, selten einige Rehe. Gesundes Klima und gutes Trinkwasser sind hier vorherrschend. Die nöthigen Verbindungsstraßen zu allen nachbarlichen Örtern bestehen in Feldwegen.
Außer der hier stehenden Pfarrkirche, dem Pfarrhofe und dem Schulhause gibt es sonst keine bemerkenswerthen Gegenstände. Diese befindet sich rückwärts der Häuser des Dorfes, ist ein Gebäude neueren Baustyles gewöhnlicher Art mit Ziegeln gedeckt, hat aber einen schönen mit Kupfer gedeckten Thurm mit einem im Feuer vergoldeten Kreuze, einer Uhr und vier gut gestimmten Glocken. Der innere Schmuck derselben besteht mit einem Hochaltar und zwei Seitenaltären von Holz mit vergoldeter Bildhauerarbeit geziert, wo auf ersterem sich das Bild der heiligen Barbara in Lebensgröße als Kirchenpatronin befindet, die andern beiden aber zu Ehren der heiligen Anna und des heiligen Florian geweiht sind. Merkwürdigkeiten sind keine vorhanden, auch gehört der Ort Hüttendorf nur allein zu dieser Pfarre. Der Gottesdienst wird von einem Pfarrer allein versehen. Der Leichenhof liegt außerhalb dem Dorfe.
Man kennt das Alter und die Schicksale derselben nicht; eben so auch vom Dorfe. Indessen ist es außer allem Zweifel, daß Hüttendorf schon im XII. Jahrhundert existirt habe. Der Name bezeichnet schon an sich selbst, daß anfangs nur einige Hütten da standen, die dann zu einem Dorfe anwuchsen. Sehr zeitig gab es auch ein edles Geschlecht, welches den Ort besaß, sich davon nannte und schrieb. Wir finden in Österreich zwei verschiedene ritterliche Geschlechter dieses Namens, die aber beide längst erloschen sind. Von dem ersten, welches Hüttendorf besessen hat, erscheint zu Anfang des XII. Jahrhunderts Adelbero de hittendorf in einer Urkunde des Stiftes Klosterneuburg unter den Zeugen. Dom. Ulricus de Hittendorf wird in einem Document, so eine Gewährsleistung Bertolds von Engelschalichesveld an die deutsche Ordens Commende in Wr. Neustadt enthält, im Jahre 1260 unter den Zeugen gelesen (Raim. Buelii Hist. Ord. Equil. Teut. P. III. Cap. 3. Num. 9 fol. 81). Derselbe war mit Wilbirigs gebornen von Drozze (Droß) verehelichet, welche im Jahre 1287 den Johanniter-Ordens-Rittern zu Mailberg drei Grundstücke bei Wulzeshofen und Gnadendorf mit sechs Talenten Einkünften vermachte (ex collect. Rev. D. Can. Et Commend. A Smitmer). Gunrad der Waise von Hüttendorf, wahrscheinlich ein Sohn Ulrichs, wird in einer Urkunde der römischen Königin Elisabetha, über einige zu der Hofcapelle gestiftete Einkünfte im Jahre 1312 am heiligen Pfingsttag unter den Zeugen angeführt (Philib. Hueber Aust. Etc. Lib. I. Cap. 8. fol. 46). Dietrich von Hüttendorf und Braid seine Hausfrau kauften am Monatg nach Servazi 1389 von dem Caspar Praunstorfer von Nexendorf ein Zehent bei Ober-Dürnbach (Can. à Smitmer). Dieser ist der letzte, welcher aus diesem Geschlechte in alten Schriften gefunden wird, und somit scheint die Familie zu Ende des XIV. Jahrhunderts ausgeblüht zu haben. Nach den noch vorhandenen Sigillen führten sie in ihrem Wappen einen mitten längst herab getheilten Schild, dessen vorderer Theil sechsmal schräg schwarz und gelb balkenweise durchstreift ist. Die andere Hälfte hat in der Mitte einen Querbalken. Hüttendorf war immer ein eigenes Gut mit einer ständischen Einlage, wir bedauern nur, die darauf gefolgten Besitzer nach Aussterben der obigen Herren von Hüttendorf nicht zu kennen; so viel ist aber gewiß, daß der Ort alsdann ein landesfürstliches Lehengut ward. Als solches erhielt dasselbe Johann Christoph Freiherr von Freiberg zu Riedeben ungefähr um das Jahr 1631, nach dem er vorher die Herrschaft Paasdorf an sich gebracht hatte. Nach demselben erscheint Johann Oswald Hartmann, der sich von und zu Hüttendorf schrieb, im Jahre 1684 mit den vorhin landesfürstlichen Vicedomischen Gütern und Gülten Hüttendorf, Schrick und Geiselberg begütert, welche er vom Kaiser Leopold I. seiner Verdienste wegen erhielt und zugleich in den Ritterstand mit dem obigen Prädicate erhoben wurde. Ihm folgte sein Sohn Johann Baptist Vollmar Hartmann von Hüttendorf im Besitze und verkaufte dieß Gut an den Grafen Raimund von Perlas, welcher auch zugleich die Herrschaft Paasdorf besaß, im Jahre 1726; im Jahre 1741 erhielt dasselbe sein Sohn Franz erbweise; im Jahre 1777 Carl, und im Jahre 1810 Johann Graf von Perlas, der Hüttendorf sammt der Herrschaft Paasdorf noch gegenwärtig besitzt.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band III (1834), S. 66-69
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Kettlasbrunn
Ein Dorf von 148 Häusern nächst der eine Viertelstunde entfernten Poststation Wilfersdorf. Kirche und Schule befinden sich im Orte, das Decanat ist Hauskirchen, das Patronat gehört dem Fürsten Johann Liechtenstein. Behauste Unterthanen besitzen hier die Herrschaften Walterskirchen und Wilfersdorf, welch‘ letztere Herrschaft auch das Landgericht, die Orts- und Conscriptionsobrigkeit ist. Der Werbbezirk gehört dem Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4.
Der Ort enthält in 187 Familien, 395 männliche, 434 weibliche Personen und 70 schulfähige Kinder. Der Viehstand besteht aus 59 Pfereden, 171 Kühen und 1213 Schafen und 210 Schweinen. Die nicht zum besten bestifteten Einwohner sind Landbauern, welche nur die nothwendigsten Handwerker unter sich haben und sich von Acker- und Weinbau nähren. Sie erbauen auf ihren mittelmäßig zu nennenden Gründen Weizen, Korn, Gerste und Hafer. Der Obstbau so wie die Viehzucht sind ganz unbedeutend, dabei sind auch die hiesigen Gründe vorzüglich die Weingebirge, den Hagelschäden ausgesetzt.
Das Dorf Kettlasbrunn, wie erwähnt, ungefähr eine Viertelstunde von der Brünner-Poststraße gegen Osten gelegen, ist ziemlich regelmäßig gebaut, seine Häuser sind gemauert und meist mit Stroh nur wenige mit Ziegeln gedeckt. Ein kleiner, eine halbe Stunde vom Orte im Walde entspringender namenloser Bach durchfließt einen Theil desselben in der Richtung gegen Wilfersdorf und mündet sich dann in die Zaya. Die im Rücken des Dorfes sich hinziehende mit Äckern und Weingärten besetzte Hügelkette, so wie der gegen Osten befindliche aus Nadelholz bestehende nicht unbeträchtliche Wald geben dieser Gegend ein ansprechendes ländliches Ansehen, wobei auch noch der nahe Markt Wilfersdorf, die über die Bergwölbungen noch vorragende Kirche des Marktes Mistelbach, die längs des Baches zerstreut liegenden Mühlen und die Abwechslung der Äcker mit den Weingärten den Reiz derselben bedeutend erhöhen. Die dem Orte zunächst gelegenen Ortschaften sind Höbersdorf, Schrick, Blumenthal und Maustränk, mit denen mittelmäßige Feldwege die Verbindung unterhalten. Brücken sind keine vorhanden. Die hiesige Jagdbarkeit liefert Hasen, Rebhühner, Rehe und Füchse. Das Klima ist gesund, das Wasser gut.
Die ziemlich in der Mitte des Dorfes auf einer Anhöhe gelegene Kirche ist dem heil. Märtyrer Sebastian geweiht, in neueren italienischen jedoch einfachen Style erbaut. Sie ist mit Ziegeln gedeckt, hoch, gewölbt aber ohne Pfeiler, und gehört unter die größeren und geschmackvolleren Landkirchen Österreichs. Der über ihre Fronte sich erhebende ziemlich hohe Thurm hat eine Blechkuppel und enthält eine sehr wohltönende, wahrscheinlich aus den den frühern Zeiten der christlichen Zeitrechnung herstammende Glocke. Vor dem Haupteingange, zu welchem eine aus Ziegeln gemauerte breite Stiege führt, stehen zu beiden Seiten zwei steinerne Bildsäulen, rechts die des heil. Florian und links die des heil. Johann von Nepomuck. Dieses schöne wegen seiner Lage von drei verschiedenen Seiten mehrere Stunden weit zu erblickende Gotteshaus enthält außer dem Hochaltar zwei Seitenaltäre. Ersterer ist gemauert mit Marmor überzogen und enthält in einem werthvollen mit steinernen Säulen umgebenen Gemälde den heiligen Sebastian in Lebensgröße von unbekannter Hand gefertigt. Die zu Anfang des Presbyteriums stehenden zwei Seitenaltäre sind nur von Holz ausgeführt ohne Gemälde, auf dem zur Rechten steht die hölzerne Bildsäule des heil. Florian, auf dem zur Linken des heil. Johann von Nepomuck, welchen Heiligen sie auch geweiht sind. Zur linken Seite des Hochaltares oberhalb der Sacristei ist ein Oratorium; auch verdient das Chor dieser Kirche Erwähnung, da es in ziemlicher Höhe angebracht, sehr breit und doch von keinen Pfeilern gestützt ist. Zu der hiesigen Pfarre gehört weder eine Filiale noch ist außer dem eine halbe Stunde von hier gelegenen fürstlich Liechtensteinischen Schäferhofe ein anderer Ort dahin eingepfarrt. Gottesdienst und Seelsorge versieht ein Pfarrer ohne Cooperator.Der im Jahre 1794 angelegte Leichenhof ist dreihundert Schritte vom Orte gegen Süden gelegen.
Ohne über die Zeit der Entstehung und die Schicksale von Kettlasbrunn, welches so lange man den Ort kennt der Herrschaft Wilfersdorf einverleibt ist, aus Mangel aller dahin einschlagenden Nachricht etwas mittheilen zu könnnen, vermögen wir bloß in der Hinsicht der hiesigen Kirche anzuführen, daß dieselbe schon vor dem XVI. Jahrhundert vorhanden war. Im Jahre 1544 brannte der Pfarrhof ab und die Kirche blieb einige Zeit ohne Vorsteher, welche vom Jahre 1634 und später in den Zeiten der verheerenden Pestseuchen ein häufig besuchter Wallfahrtsort war, woher auch das Kirchenvermögen entstanden seyn mag. Während der Jahre 1646 bis 1648, als die Schweden in Österreich hausten, stand sie wiederum verlassen und war allem Anscheine nach allen Verwüstungen preisgegeben. Im Jahre 1718 durch Feuer zerstört, ward sie darauf aus eigenem Vermögen größer und schöner wieder erbaut, in welcher Gestalt diese Kirche jedoch nur sechs und sechzig Jahre bis 1784 stand, wo sie theils wegen Baufälligkeit, theils weil sie für die bedeutend vermehrte Einwohnerzahl zu klein war, ganz abgebrochen ward, worauf noch in demselben Jahre die Grundsteinlegung zu dem heutigen Gotteshause stattfand, welches 1789 eingeweiht wurde. Auch während des zweiten französischen Einfalls im Jahre 1809 mußten sowohl Ort als Kirche durch Plünderung, Verwüstung und Muthwillen aller Art vielen Schaden erleiden.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band III (1834), S. 133-135
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Lanzendorf
Ein Dorf von 96 Häusern, welches Wilfersdorf zur nächsten Poststation hat. Dasselbe gehört zur Pfarre und Schule nach dem benachbarten Mistelbach. Der Werbkreis ist dem Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4 zugetheilt. Landgericht, Orts- und Conscriptionsobrigkeit ist die Herrschaft Wilfersdorf. Dominien, welche hier behauste Unterthanen und Grundholden besitzen, sind Wilfersdorf, Ladendorf, Mistelbach, Kreuzstetten.
Der Ort enthält 121 Familien, 235 männliche, 264 weibliche Personen und 84 Schulkinder. Der Viehstand zählt 26 Pferde, 1 Ochsen, 87 Kühe, 101 Schafe, 6 Ziegen und 30 Schweine. Die Einwohner sind mittelmäßig bestiftete Landbauern, welche auch die unentbehrlichen Handwerker unter sich haben. Ihre Hauptbeschäftigungen sind Acker- und Weinbau; mehrere treiben auch einen Körner- und Weinhandel. Die Gründe sind mittelmäßig und Elementarbeschädigungen ausgesetzt; die Erträgnisse derselben bestehen in den vier Haupt-Körnergattungen, vorzüglich in Wein und dann Obst. Die Viehzucht wird von den hiesigen Einwohnen nicht vorzüglich mit Fleiß betrieben; denn sie halten nur so viel Vieh als die Hauswirtschaft erfordert, und dieses genießt bloß die Weide.
Lanzendorf liegt flach in einem angenehmen Thale an der Zaia, welche sich hier mit dem Mistelbache vereinigt. In dieser sich von Westen nach Norden hinziehenden höchst lieblichen Thalgegend liegen westlich Ladendorf, darauf in einer Entfernung von ¾ Stunden Paasdorf und nördlich nur ¼ Stunde von diesen das bedeutende Lanzendorf (korrekt Mistelbach). Der Ort, welcher durchaus nette Bauern- und auch einige andere hübsche Häuser enthält, um welche sich Obstgärten befinden, ist regelmäßig gebaut, und die Häuser sind mit Strohdächern versehen. In der Mitte desselben steht ein kleines Kirchlein eigentlich nur eine Betcapelle, die jedoch ganz von Steinen ausgeführt ist und einen Thurm mit zierlicher Kuppel enthält. Die benachbarten Ortschaften sind Ebendorf, Paasdorf und Mistelbach. Am Zaiabache steht hier auch ein Mühlwerk mit einem hübschen Gebäude. Hier wo sich das Thal erweitert, fließt durch einen Theil des Dorfes ein Bächlein und vor dem Orte der sogenannte Seihbach. Die vorhandenen Wälder und Anhöhen sind nicht bedeutend, und außer Hasen und Rebhühnern trifft man kein anderes Wild daselbst. Das Klima ist gesund, auch das Wasser gut.
Lanzendorf ist ein alter Ort, und scheint von den Herren von Lanzendorf, welche ihren Sitz in dem Dorfe gleiches Namens im Viertel unter dem Wienerwald gehabt haben, gegründet worden zu seyn und auch den Namen erhalten zu haben, somit könnte die Entstehungzeit gegen Ende des XII. Jahrhunderts fallen. Im Jahre 1392 war der Ort ein Eigenthum des Hansen Schauerbeckh, welcher denselben in gedachten Jahre an Johann von Liechtenstein verkaufte; seit dieser Zeit ist der Ort ein Bestandtheil von der Herrschaft Wilfersdorf und im Besitzthume des hochfürstlichen Hauses Liechtenstein.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band III (1834), S. 292-293
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Mistelbach
Ein Markt von 440 Häusern mit der nächsten Poststation Wilfersdorf. Pfarre und Schule befinden sich im Orte; das Dekanat ist Wilfersdorf zu Hauskirchen, das Patronat gehört dem Barnabiten-Collegium. Unterthanen und Grundholden besitzen die Herrschaft Wilfersdorf und das Barnabiten-Collegium. Landgericht, Orts- und Conscriptionsherrschaft ist Wilfersdorf. Der Werbbezirk gehört dem Linien-Infanterie-Regimente Nr. 4.
Hier wohnen in 524 Familien 1028 männliche, 1140 weibliche Personen und 312 schulfähige Kinder; der Viehstand besteht aus 100 Pferden, 291 Kühen, 633 Schafen, 15 Ziegen und 105 Schweinen. Die hiesigen Einwohner sind Gewerbsleute, Bauern und Hauer, ihre Bestiftung ist mittelmäßig, die Gründe sind von mittlerer Beschaffenheit und seit der Regulirung des Zayabaches verbessert und keinen Beschädigungen mehr ausgesetzt, wobei der Wein- und der Anbau der vier Haupt-Getraidearten (sic!) getrieben werden. Die Viehzucht, wobei hier und da die Stallfütterung im Gebrauche ist, kann mittelmäßig genannt werden. Der Ort hat zwar ihm eigenthümliche Wälder, jedoch ist die Jagd durchaus herrschaftlich, welche Rehe, Hasen und Repphühner liefert.
Das Klima ist mild, das Wasser gut. Die den Markt zunächst umgebenden Ortschaften sind: Ebendorf, Hüttendorf, Lanzendorf, Eibesthal und Wilfersdorf. Der Markt Mistelbach, eine Stunde von der Poststation Wilfersdorf südlich im freundlichen Zayathale gelegen, von einem von Siebenhirten kommenden und von dem Zayabache durchflossen, ist rings von lieblichen Anhöhen umgeben und enthält theils mit Ziegeln theils mit Stroh gedeckte, meist gut ausgeführte Häuser, von denen ersteren auch zu beiden Seiten der schöne weite, mehr in die Länge sich bildende Marktplatz umgeben wird, auf welchem sich auch das Rathhaus befindet, welches einen Thurm mit weißblechener zierlicher Kuppel hat. Um den Markt selbst ziehen sich zwei Vorstädte, nämlich die sogenannte Wieden gegen das Barnabiten-Collegium, und jener Theil, welcher sich an einer Anhöhe herumzieht, das Neustift genannt. Übrigens befinden sich hier zwei Thore, die gemauert sind, und von ziemlichem Alter zeigen, nebst ihnen noch zwei Ausgänge von kleinen Gassen her. Die meisten Häuser, ziemlich regelmäßig und sehr nett gebaut, sind alle einstöckig und mehrere oben mit Aufschlägmauern nach alter Bauform versehen; sie haben in den Erdgeschoßen auch meist Wölbungen nach alter Art. Auf dem Grunde Wieden am Fuße des Berges steht die Barnabiten-Probstei, ein hübsches Gebäude mit einem Stockwerk, worin eine schöne Kapelle vorhanden ist, und mit schönem Garten.
Die Kirche, dem heiligen Martin geweiht, prangt ganz frei hoch am Berge, der sich zunächst der Probstei erhebt, in majestätischer Schönheit, zu welcher zwei Stiegen, jede von 178 steinernen Stufen von zwei Seiten hinanführen, worauf einige Leidens-Stationen angebracht sind. Dieser Tempel von gothischer Bauart, wovon das Portal gegen den Markt steht, ist ein hohes und großes Gebäude, wobei hervorzugehen scheint, daß das heutige Schiff der Kirche mit der vorderen Hauptfronte, welche vor Zeiten den Haupt-Eingang enthielt, einfache Vorsprünge und deutlich, gleich der Stephanskirche zu Wien, den Baustyl zeiget, ursprünglich das ganze Gotteshaus ausmachte und daß selbes im Jahre 1121 (also früher noch als der Stephansdom von Herzog Heinrich Jasomirgott erbaut wurde) ausgeführt worden sein dürfte, weil man diese Jahreszahl über dem Haupteingange gleich unter dem Dache in der Mauer eingegraben findet. An dieses ziemlich große und breite Schiff der Kirche schließt sich das viel schmälere mit hohen Spitzfenstern versehene Presbyterium an, zwischen welchen beiden auf der rechten Seite der Thurm angebaut ist, an welchem sich die Jahreszahl 1289 befindet, zu welcher Zeit wahrscheinlich jene Vergrößerung statt fand; jedoch hatte auch dieser anfänglich nur die Höhe des Kirchengebäudes und erhielt erst im Jahre 1755 seine jetzige Höhe, welche Jahreszahl sich ebenfalls an einer Seite desselben eingegraben zeigt. Die vordere Seite oder der Haupteingang ist breit und flach, von diesem springt aber, wie wir erst bemerkt haben, halb erhalten ein Geschoß vor, von unten bis oben reichend, mehrere Fenster und oben eine Glocke enthaltend, welche alte, niedere Spitzbögen zeigende Bauart an den bei Errichtung dieses Gotteshauses herrschenden, durch die Kreuzzüge in unsere Gegenden verpflanzten byzantinischen Geschmack erinnert, wie dieß auch bei den Strebepfeilern und andern Verzierungen, welche gleichfalls denen an der Vorderseite des Stephansdomes zu Wien ähneln, der Fall ist. Beim Seiteneingang, als dem gewöhnlichen, der gegen die erwähnte Stiege von der Probsteiseite aus gerichtet ist, befindet sich eine Vorhalle, welche laut der an einem Pfeiler angebrachten Jahreszahl 1502 zu dieser Zeit angebaut worden sein mag. Noch kommt als eine Seltenheit zu bemerken, daß an der äußern linken Seite der Kirche oben am Gesims, die Figur einer großen steinernen Kröte sich befindet, wovon die Sage berichtet: daß während des Erbauens der Kirche, als man die Grundmauern legte, ein Theil derselben mehrmals hinter einander einstürzte, und daher stets von neuem wieder erbaut werden mußte, bis man endlich dieses Ungethüm und zwar in übermäßiger Gestalt darunter fand, dasselbe tödtete und nun den Bau ungestört vollenden konnte. Der massive viereckige aber einfache Thurm enthält sechs Glocken, sein oberer Theil ist neuerer Bauart mit spitzer jedoch sehr niederer Bedeckung, was ihn gegen die Kirche sehr abstechen macht und somit dem Eindrucke des alterthümlichen Ganzen schadet. Außerdem befindet sich noch über dem erwähnten Haupteingange ein kleines Thürmchen, worin das Zügenglöcklein hängt. Dieses in ehrfuchtgebietender, nicht geringer in majestätischer Form sich über dem Markte erhebende Gotteshaus gereicht übrigens dem sich darunter hinziehenden Orte zur hohen Zierde, wobei von der Höhe seines Thurmes herab nach allen Richtungen hin eine überraschende Fernsicht sich darbietet (da der Markt Mistelbach mit seiner herrlichen Kirche ungemein schön und pittoresk gelegen ist, so haben wir solchen nach der Natur aufnehmen und in Kupfer stechen lassen, wie die beiliegende Abbildung zeiget).
Sein Inneres wird durch die spitze gothische Bogenwölbungen getragen, die ihm ein alterthümliches Ansehen geben, das aber durch die weiße Farbe, womit Alles übertüncht ist und durch die zwischen den Spitzbögen befindlichen stuckaturten Felder wieder geschwächt wird. Der Hochaltar steht ganz frei, ist gemauert und marmorirt und hat neben sich noch zwei kleine Capellen. Außer demselben sind noch vier Seitenaltäre vorhanden, von Holz und ebenfalls marmorirt, welche dem heiligen Florian, dem heiligen Sebastian, dem heiligen Dominicus und der Mutter unsers Herrn geweiht sind. Außerdem ist noch an die linke Seite des Schiffes eine kleine Capelle angebaut, in welcher ein der schmerzhaften Mutter Gottes geweihter Altar sich befindet, deren Bildniß sich ehdem in der Gruft bei der Kirche befand, aber zu den Zeiten Kaiser Josephs II. hierher versetzt ward. Der Chor besteht in zwei Abtheilungen und enthält eine gute Orgel. Merkwürdigkeiten sind sonst keine vorhanden, so wie auch keine Monumente, außer zwei großen Grabsteinen von rothem Marmor an der einen Seite der Kirche, die so viel wir entnehmen konnten, aus dem Anfange des XVI. Jahrhunderts stammen, aber leider so schlecht erhalten sind, daß der Zahn der Zeit Schrift und Wappen darauf ganz unkenntlich gemacht hat.
Außerhalb der Kirche zur Rechten in der Richtung des Presbyteriums steht die sogenannte Catharina-Capelle, ein rundes ganz von Quadersteinen errichtetes Gebäude, äußerlich mit halb vorspringenden Lesenen (korrekt wohl Lisenen) geziert, woran aber vorzüglich die beim Eingange befindlichen kleinen kurzen Säulen mit Laubcapitälern zu bemerken sind, welche so wie das ganze Gebäude, vielleicht ein noch höheres Alter als das der Kirche vermuthen lassen. Jetzt werden darin die Kirchengeräthschaften aufbewahrt; darunter befindet sich eine Gruft, die aber nicht mehr im Gebrauch ist und vielleicht von den alten Herren von Mistelbach zu ihrer Ruhestätte erbaut worden sein dürfte. Vor der Kirche bei der Stiege zur Linken steht noch ganz frei ein kleiner Ölberg aus Steinen zusammengesetzt, auf welchem sich die Figur des betenden Christus befindet. Einer alten Sage zufolge soll neben der Kirche einst ein Schloß den Herren von Mistel gehörig, gestanden haben, dessen Mauerwerk zum Baue ersterer verwendet worden sein soll. Die hiesige Pfarre war in früheren Zeiten ein kaiserliches Patronat und ward immer von Dechanten versehen, bis im Jahre 1633 Kaiser Ferdinand II. dieselbe dem Orden der regulirten Priester aus der Versammlung des heiligen Paulus insgemein Barnabiten genannt, schenkte, um zur Erziehung ihrerer jungen Geistlichen ein Noviziat zu errichten, und ein Collegium zu erbauen, was auch später geschah. Noch ist zu bemerken, daß während des französischen Einfalles im Jahre 1809 die Kirche aller ihrer Paramente und Geräthschaften beraubt ward. Zur hiesigen Pfarre gehört nebst dem Markte Mistelbach die Filiale Ebendorf, eine Viertelstunde von hier entfernt, das Dorf Lanzendorf in gleicher Entfernung, die sogenannte Dechantmühle eine halbe Stunde, und die außer Ebendorf befindliche Rohrmühle eine kleine halbe Stunde entfernt. Der Leichenhof ist um die Kirche angelegt und wird von einer starken Mauer mit Schießscharten umfangen, die sehr fest ist und sammt dem oben beschriebenen Kirchthurme vor Zeiten einen guten Vertheidigungspunct dargeboten haben muß.
Im hiesigen oben angeführten Collegio befindet sich der Probst, der zugleich der Pfarrer ist, und nach den Ordensstatuten alle drei Jahre neu gewählt werden muß; nebst diesem sind nach Verhältniß noch einige Priester, die die Seelsorge verrichten, der gleichen jetzt vier vorhanden. Außerdem befindet sich hierselbst und zwar auf dem Grunde Wieden noch eine kleine Spitalkirche, der heiligen Elisabeth geweiht, über welche Se. Durchlaucht der Fürst Johann Liechtenstein das Patronat besitzt. Dieselbe steht zwischen Obstgärten, hat ein spitz zulaufendes gemauertes Dach und vorn beim Eingange einen gar alterthümlichen, achteckigen, steinernen Thurm. Dieses Kirchlein soll im Jahre 1016 erbaut worden sein und das erste in Mistelbach gewesen sein, so wie einer Sage nach, die Tempelritter hier eine Commende hatten, und dieses ihre Kirche war. Dabei ist gegenwärtig ein Beneficiat angestellt, welcher für die im nah gelegenen Spitale befindlichen Armen täglich Messe liest, die pfarrlichen Functionen werden jedoch von der Pfarrgeistlichkeit verrichtet. Übrigens ist das nahegelegene obengenannte fürstlich Liechtensteinische Spital für zwölf arme Unterthanen gewidmet. Am Ende des Platzes im Markte steht eine Dreifaltigkeitssäule, die nicht kunstlos ist und am Piedestal mehrere Heiligen- und Engelstatuten enthält; unweit davon befinden sich das Marktzeichen, die Prangerstatue und die Hand der Gerechtigkeit. Vor dem Thore auf der Wieden steht eine Statue des Johann von Nepomuck. Noch sind im Markte Mistelbach eine Apotheke, mehrere Gasthäuser und alle nothwendigen Handwerker vorhanden, so wie auch daselbst 4 Jahr- und Pferdemärkte und jeden Montag ein bedeutender Getreidemarkt abgehalten werden.
Daß Mistelbach als einer der allerältesten Orte im gesammten Niederösterreich zu betrachten ist, wird, wenn auch die Zeit seiner Entstehung ungeachtet aller Nachforschungen nicht aufgefunden werden kann, schon dadurch erwiesen, daß, nach Hueber, dieser Ort unter der Regierung Markgraf Leopold I. des Erlauchten, schon im X. Jahrhundert mit seinem Gemeinde-Zehent unter den Erzbischof Pilgrim von Passau gehörte, welcher denselben von Papst Benedikt VI. als Verdienst für die Bekehrung der Magyaren, nebst dem der übrigen umliegenden Ortschaften erhielt, was späterhin zu mehreren Irrungen zwischen dem Landesfürsten und dem Erzbischofe zu Passau Anlaß gab, während welcher deshalb mehrere Versammlungen, um diese Sache zur Entscheidung zu bringen, statt fanden, von denen auch eine zu Mistelbach gehalten ward, und wir finden daher in Max Fischers Klosterneuburger Urkundenbuch Mistilpach mit unter jenen Ortschaften begriffen deren Zehente Markgraf Leopold IV. der Heilige, dem Bischofe Reginmar von Passau im Jahre 1135 zurückgab, woraus sich vermuthen läßt, daß dasselbe doch eine Zeit hindurch wieder landesfürstlich gewesen sey. Als nach der blutigen zweiten Marchfeldsschlacht 1278, in welcher König Ottokar sein Leben verlor, Kaiser Rudolph als Sieger mit seinem Heere drei Tage auf der Wahlstatt nach altem Brauch verharret hatte, den zu erwarten, der ihm den Sieg bestreite, und darauf die ungarischen Völker wegen ihrer geleisteten Hülfe reich beschenkt entlassen hatte, zog er mit den Seinen nach Mistelbach und von da aus gegen Mähren hin, von wo er später nach Wien zurückkehrte, wo er feierlich eingeführt ward. Während des Einfalles der Schweden in Österreich im Jahre 1645, nahm deren Anführer Torstenson, nachdem er viele feste Örter des Landes in seine Gewalt bekommen und nach der Besitznahme Korneuburgs sich auch Wien genähert hatte, sein Hauptquartier zu Mistelbach, von wo aus er die Verbindung mit Rakoczy und den andern ungrischen Großen zu bewirken suchte; worauf, wie Marian in seiner Topographie berichtet, die Schweden im folgenden Jahre nebst einigen andern Ortschaften, in welchen sie vergebens eine bedeutende Contriubtion zu erpressen gesucht hatten, auch Mistelbach vor ihrem Abzuge gänzlich ausplünderten. Auch während der letzten französischen Invasionen war der Ort mannichfach hart mitgenommen. Nach Hueber war Mistelbach schon im Jahre 1658 ein bedeutender Marktflecken und zu jener Zeit bereits ein Eigenthum des fürstlich Liechtensteinischen Hauses, indem damals Florian Anton Fürst zu Liechtenstein denselben besaß. Noch ist zu bemerken, daß Mistelbach früher einen eigenen Magistrat hatte; allein im Jahre 1832 war dieser in Folge Allerhöchsten Entschlusses aufgelöst, und die Jurisdiction an die Orts- und Grundherrschaft Wilfersdorf übertragen.
Da uns von einem Geschlechte derer von Mistel, welchen Namen wir oben erwähnten, und den man nach einiger Meinung vielleicht von der bekannten Frucht Mispel in schlechter Aussprache Mistel, abzuleiten, versucht sein möchte, keine Glieder bekannt geworden sind, so ist anzunehmen, daß dieselben ohne Zweifel mit der alten Familie der Mistelbacher eine und dieselbe waren, von welcher uns folgende Glieder vorgekommen sind: Heinrich von Mistilbach, ein Sohn des Erwin und der Gerbirgis, erscheint nach Max Fischers Urkundenbuch zuerst als Zeuge in einer Schenkungsurkunde Herzog Leopolds des Freigiebigen an das Stift Klosterneuburg im XII. Jahrhundert, ferner in gleicher Eigenschaft zu Zeiten Herzog Heinrichs Jasomirgott, und in einem Schenkungsbriefe seiner Mutter, worin dieselbe dem Stifte Klosterneuburg ein Landgut zu Wildinsdorf (wahrscheinlich das heutige Wilfersdorf) übergibt. Laut Calles Annalen kommen im Jahre 1158 Heinrich (wahrscheinlich der erwähnte) und Dietrich von Mistlbach als Zeugen in den das Schottenkloster in Wien betreffenden Urkunden vor. Wiederum erscheint Heinrich Hund von Mistelbach in einer Urkunde Herzog Heinrichs Jasomirgott vom Jahre 1168, worin derselbe den Bürgern zu Klosterneuburg für zwei Weingärten, den ihm schuldigen jährlichen Weindienst erläßt. Ferner Ramut von Mistelbach in einer Schenkung Ulrichs von Falkenstein an das Stift Klosterneuburg im Jahre 1178. Noch einmal kommt ein Heinrich, der aber nicht mehr der obige Heinrich zu sein scheint, von Mistilbach im Jahre 1214 vor, als Bischof Manegold von Passau die Erlaubniß ertheilt, in der Capelle Altenburg zu Krems pfarrlichen Gottesdienst zu halten (Max. Fischer). Marquart von Mistelpach erscheint 1296 in einer Lehensschenkung der Familie Schönborn an das Stift Klosterneuburg, ferner als Zeuge im Jahre 1300, als Friedrich und Kunegunde von Liechtenstein dem gedachten Stifte ein Lehen zu Obersiebenbrunn verkauften. Derselbe wird auch bei Hanthaler Band II., Seite 114 erwähnt, als Zeuge in einer Verkaufsurkunde des Heinrich Steinperger vom Jahre 1319 und nach Duellius Excerpt. finden wir diesen Marquart noch bis zum Jahre 1364, obgleich er daselbst als von Mistelbek vorkommt; auch findet sich in Hueber Aust. Mellic. eine Unterschrift dieses Marquart nebst seinem Wappen, welches jedoch nur einen Helm mit Flügeln versehen darstellt, somit einen Ritter bezeichnend, nach welchem uns von diesem Geschlechte keine Glieder mehr vorgekommen sind. Darin scheint Duellius jedoch in großer Irrung zu sein, und einen ganz andern zu den Mistelbachern gezählt zu haben; denn gewiß ist es, daß zu der Zeit gar kein Sprosse dieser Familie mehr vorhanden war. Nach Abgang der Familie von Mistelbach waren die Herren von Falkenberg aus dem Viertel ober dem Manhartsberg. nebst vielen andern Gütern auch mit dem Markte Mistelbach begütert, und als Rapoto V. der Jüngere von Falkenberg, zwischen den Jahren 1350 und 1354 verstarb, so kamen seine Güter an seine nächsten Anverwandten, nämlich Ulrich und Eberhard Herren von Capell, und Friedrich und Heinrich Herren von Walsee. Mit aller Wahrscheinlichkeit darf demnach angenommen werden, daß Mistelbach bei der Gütertheilung an die Walsee kam, worauf dann nach einigem Besitzwechsel das Liechtensteinische Haus solches erhielt; ob durch Kauf oder Tausch, ist unbekannt.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band IV (1834), S. 241-250
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Paasdorf
Ein Kirchdorf von 170 Häusern, welches zugleich eine Herrschaft gleichen Namens bildet und wovon Gaunersdorf die nächste Poststation ist. Kirche und Schule befinden sich im Orte; das Patronat davon gehört dem Barnabiten-Collegium in Mistelbach, die Pfarre aber in den Bezirk des Decanats Hauskirchen. Der hiesige Werbkreis ist zum Linien-Infanterie-Regimente Nr. 4 einbezogen. Als Landgericht ist die Herrschaft Asparn an der Zaia aufgestellt. Orts- und Conscriptionsobrigkeit ist die Herrschaft Paasdorf. Grundominien gibt es mehrere hier, nämlich Paasdorf, Wilfersdorf, Ladendorf, Wolkersdorf, Asparn an der Zaia, Ernstbrunn, Kreuzstetten, Prinzendorf; das Kloster Asparn an der Zaia; die Pfarre Hagenberg, Paasdorf, die Kirche in Paasdorf und Schrick, das Collegium und das Spital in Mistelbach.
Die Bevölkerung im hiesigen Orte beläuft sich auf 238 Familien, 498 männliche, 553 weibliche Personen und 160 Schulkinder; der Viehstand auf 54 Pferde, 187 Kühe, 799 Schafe, 12 Ziegen und 200 Schweine. Die Einwohner sind Hauersleute, worunter es mehrere Handwerker gibt, welche sich mit Acker-, meist aber mit Weinbau beschäftigen, und eine gute Bestiftung besitzen. Sie bauen Korn, Weizen und Hafer, wenig Hülsenfrüchte und Futterkräuter, wozu die Gründe im Allgemeinen gut, aber den Überschwemmungen bisweilen ausgesetzt sind. Sowohl die Obstpflege als auch die Viehzucht erstreckt sich nur auf den Hausbedarf.
Der Ort Paasdorf ist zwei Stunden westlich von Gaunersdorf in demselben langen und schönen Thale, gleichwie Ladendorf meist in der Fläche gelegen; von diesem und Lanzendorf ½, und von Mistelbach ¾ Stunde entfernt. In diesem großen Dorfe, welches mehrere Gassen bildet, haben wir manche hübsche Häuser getroffen, die andern Bauernhäuser sind aber nur aus ungebranntem Material ausgeführt und mit Stroh gedeckt. Am Ende und abgesondert vom Orte steht das herrschaftliche Schloß, mit einer Hauptfronte, zwei zurückliegenden Flügeltheilen und zwei Stockwerken, dann an jedem Ende mit einem viereckigen Thurme geziert. Das Innere enthält keine Merkwürdigkeiten, wohl aber eine Capelle. Erbaut wurde solches im Jahre 1740 von dem Grafen Raimund v. Perlas; daran schließt sich der Schloßgarten, welcher schön genannt werden darf. Nebst diesem befindet sich hier auch noch die Pfarrkirche, der Pfarrhof, das Schulhaus, und die herrschaftliche sogenannte Schiefermühle; bevor wir jedoch die Kirche beschreiben, wollen wir nur bemerken, daß sich der, das Thal hier und da malerisch mit Weidenbäumen besetzt, der Länge nach durchziehende Taschelbach beim Orte vorbeischlängelt, und daß die in diesem Bezirke befindlichen Wälder und Berge unbedeutend sind. Von ersteren werden die Gemeindeleiten, die Spitzleiten und der Pfarrerwald, unter den letzern aber die Hochbergen und der Jedlesberg genannt. Die Jagd ist unbedeutend an Rehen, Hasen und Rebhühnern. Das Klima und Wasser sind gut. Privilegien, Freiheiten oder Märkte gibt es nicht.
Vom Schlosse links entlegen zwischen den Häusern erhebt sich die alterthümliche Pfarrkirche zum heiligen Aegydius. Das Schiff der Kirche, an dessen Wänden Lesenen (korrekt wohl Lisenen) angebracht sind, worauf das Gewölbe ruht, ist ein längliches Viereck, das Presbyterium ist groß und bildet rückwärts beim Hochaltar eine Rundung; dieser Theil ist im gothischen Style ausgeführt und stammt noch aus den alten Zeiten. Ebenso steht auch beim Eingange ein sehr alter, viereckiger und massiver Thurm von Quadersteinen ausgeführt; er ist nicht gar hoch und enthält oben einen niedern kleinen ebenfalls viereckigen Aufsatz, von welchem aus an jeder Ecke ein kleiner thurmähnlicher Vorsprung sich erhebt. Die Kuppel läuft in Gestalt eines Kegels ganz spitz zu und ist mit Steinen gemauert, ein untrügliches Zeichen hohen Alters. Die darin befindlichen Glocken sind auch sehr alt, wovon die größte im Jahre 1466 gegossen wurde. Wenn daher auch die Zeit der Entstehung von diesem Gotteshause nicht genau bekannt is, so zeigt doch die Bauart, daß dasselbe im XIII., oder spätestens im XIV. Jahrhundert ausgeführt worden sei. Das Innere zieren ein Hoch- und zwei Seitenaltäre, letztere einer den heiligen vierzehn Nothhelfern, der andere der Mutter Gottes geweiht, welche von Holz aufgerichtet, marmorirt und mit Vergoldungen geziert sind. Ober dem Tabernakel am Hochaltare befindet sich ein Kasten von Glase, in reichen Goldverzierungen eingerahmt, worin die Statue der Mutter Gottes steht. Auf dem linken Seitenaltar ist die Vorstellung der Krippe Jesu angebracht, welche während des Jahres mit einem Bilde verdeckt ist, zu seiner Zeit aber durch Wegnahme des Bildes den frommen Betrachtungen der Gläubigen ausgesetzt wird. Noch befinden sich ferner an den Wänden der Kirche einige Gemälde von Kunstwerth, die sehr schön sind. An einem Seitenpfeiler prangt das gräflich Perlas‘sche Wappen, ganz vergoldet und auf einer Schleife darunter die Worte: Fidelitate et Constantia und eine Inschrift, den Grafen Raymund und die Gräfin Franziska von Perlas betreffend. Zur hiesigen Kirche gehören außer Paasdorf sonst gar keine Ortschaften. Den Gottesdienst und die Seelsorge versehen ein Pfarrer, und ein durch einen Gutthäter vor zwei Jahren gestifteter Cooperator. Der Leichenhof ist um die Kirche angelegt.
Es ist gegen das hohe Alter des Orts kein Zweifel zu erheben, die wirkliche Entstehungsperiode ist jedoch nicht zu ermitteln, und eben so wenig die Abstammung des Ortsnamens Paasdorf, der vormals gewiß nicht so geheißen haben wird. Auch die Schicksale von diesem Orte, aus den früheren Jahrhunderten liegen in Dunkel gehüllt, obschon solche der Lage des Dorfes nach nicht historisch wichtig sein können, welches wir wohl den Ereignissen der allgemeinen Geschichte zu Folge zu ermessen vermögen.
Paasdorf bildet unter dieser Benennung eine eigene Herrschaft, wovon der Amtssitz hier im Dorfe ist. Die Bestandtheile derselben, dann die Seelen- und Gründezahl sind folgende: der Markt Gaunersdorf, die Dörfer Schrick, Paasdorf und Hüttendorf, wobei als besondere Gegenstände das Schloß und die Kirche in Paasdorf, das Gasthaus zum schwarzen Adler in Gaunersdorf, zwei Gasthäuser und die Kirche in Schrick, die Kirche in Hüttendorf und die herrschaftliche Schiefermühle genannt werden; in den oben genannten Ortschaften zusammen 563 Häuser, 768 Familien, 1568 männliche, 1688 weibliche Personen, 206 Pferde, 590 Kühe, 1340 Schafe, 60 Ziegen und 600 Schweine; 39 Joch herrschaftliche, 885 Privat-Wälder, 314 Joch Wiesen, 6610 Joch Ackerland und 1749 ½ Joch Weingärten. Diese Herrschaft liegt mit zwei Ortschaften, nämlich mit Schrick und Gaunersdorf, an der k.k. Brünner Poststraße, die Orte Paasdorf und Hüttendorf aber westlich 1 ½ Stunde daran und grenzen die Herrschaften Ladendorf, Wilfersdorf, und Prinzendorf. Die Lage ist mehr flach als hügelig, angenehm und hat ein gesundes Klima mit gutem Wasser. Die Haupt-Wirthschaftszweige sind der Acker- und Weinbau; die Obstpflege ist mittelmäßig und die Viehzucht bloß zum Bedarf des Landmannes mit der Anwendung der Stallfütterung. Die Erzeugnisse bestehen in Korn, Weizen, Hafer, wenig Gerste und Hülsenfrüchte, dann einem Landwein, der zu mittlern Gattung gehört. Dazu sind die Feldgründe im Durchschnitte gut und es wird dabei die sogenannte Dreifelderwirthschaft angewendet. Den dießherrschaftlichen Bezirk durchschneidet die oben bemerkte Poststraße mit einer Aerarial-Brücke und Mauth, daher in Gaunersdorf und Schrick der lebhafte Verkehr und das regsame Treiben, zu den andern Ortschaften bestehen Feldwege. Auch der Zaiabach und der Taschlbach durchfließen den westlich-nördlichen Theil der dießherrschaftlichen Fluren, der Gaunersdorfer-Bach aber jenen beim Markte Gaunersdorf. Fischerei gibt es keine; und was die Wälder und Berge betrifft, so sind im Bezirke bei Paasdorf die Gemeinde- und Spitzleiten, der Pfarrerwald, dann der Hochberg und Jedlesberg, bei Schrick der sogenannte Schrickerwald und bei Hüttendorf der Hüttendorferwald zu erwähnen. Fabriken werden keine getroffen, so wie nur der Handel in den von Dörfern der Herrschaft erzeugten Weine nach Wien besteht. Bloß der Markt Gaunersdorf genießt die Freiheit, jährlich drei Jahrmärkte, nämlich Andreas-, Georg- und Batholomäustag, dann in jeder Woche einen Körnermarkt abhalten zu dürfen.
In Hinsicht der ersten Besitzer dieser Herrschaft im XIII., XIV. Und XV. Jahrhundert haben wir wenig erheben können, doch scheint Paasdorf eine Zeit hindurch landesfürstlich gewesen zu sein. Zuerst fanden wir um die Mitte des XVI. Jahrhunderts den Magnus von Eckh, Freiherrn auf Hungersbach als Besitzer. Nach ihm erscheint im Gültenbuch im Jahre 1594 Ehrenreich Freiherr von Gera, Hauptmann des Viertels unter dem Manhartsberg., dann im Jahre 1603 dessen Sohn Amand Freiherr von Gera. Dieser unterzeichnete im Jahre 1608 das Bündniß der Protestanten in Horn, schlug sich darauf im Jahre 1619, wie es die Proscriptions-Verzeichnisse ausweisen, zu dem böhmischen und mährischen Kriegsvolk, bei dessen Einfall in Österreich, und wurde hierauf im Jahre 1620 als Rebell nebst mehreren andern in die Acht erklärt und seine Güter confiscirt. Er muß nach der Zeit aber wieder begnadigt worden, und in das Land zurückgekehr sein, weil wir ihn bei der kaiserlichen Erbhuldigung finden und aus dem Gültenbuche erstehen, daß er im Jahre 1635 seine Herrschaft Paasdorf an Georg Wolf Freiherrn von Pöttnig verkaufte. Von diesem kam die Herrschaft an die Frau Elisabetha Constanta Gräfin von Appersdorf, geborne Freiin von Pöttnig, welche dieselbe im Jahre 1651 an Erasmus Baron von Schifer käuflich abtrat. Darauf erscheinen in dem oben erwähnten ständlischen Gültenbuche folgende Besitzer: Im Jahre 1692 Sigmund und Christoph Ernst, Freiherren von Schifer von ihrem Vater dem Vorigen; im Jahre 1706 Sigmund allein durch seinen Bruder Christoph Ernst; im Jahre 1707 Joseph Joachim Alexander von Schmidlin durch Kauf vom Vorigen; im Jahre 1715 dessen Sohn Carl Richard Joseph; im Jahre 1726 Carl von Moser durch Kauf; im Jahre 1733 Raimund Graf von Vilano-Perlas; im Jahre 1741 dessen Sohn Franz; im Jahre 1777 dessen Sohn Carl; im Jahre 1810 Johann Graf von Perlas; nach diesem Graf Giucciardi, welcher die Herrschaft Paasdorf an die gegenwärtigen Besitzerinnen, nämlich Gräfin von Gallenberg und Gräfin von Harsch vererbte.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band V (1835), S. 56-61
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Siebenhirten
Ein Dorf mit 84 Häusern, wovon Wilfersdorf die nächste Poststation ist. Pfarre und Schule befinden sich im Orte, im Decanate Fallbach, das Patronat ist landesfürstlich. Behauste Unterthanen und Grundholden besitzen hierselbst: Asparn an der Zaya, Mailberg, Staatz, die P. P. Barnabiten zu Mistelbach, und die Pfarren zu Hörersdorf, Böhmischkrut und Patzmannsdorf. Landgericht, Orts- und Conscriptionsobrigkeit ist Asparn an der Zaya. Der Werbkreis gehört dem Linien-Infanterie-Regiment Nr. 4.
Hier leben in 124 Familien, 326 männliche, 293 weibliche Personen und 130 schulfähige Kinder; der Viehstand zählt 17 Pferde, 5 Ochsen, 118 Kühe, 210 Schafe und 150 Schweine. Die hiesigen Einwohner bestehen theils aus Bauern, theils aus Hauern, welche an Handwerkern mehrere Schneider und Schuhmacher unter sich haben. Sie beschäftigen sich mit Feld- und Weinbau, wobei ihre Gründe mittelmäßig zu nennen, jedoch den Wassergüßen und Erdabtragungen ausgesetzt sind. An Körnerfrüchten werden Korn, Hafer und Gerste gebaut. Weinbau ist nicht unbedeutend, die Obstpflege aber nur sehr mittelmäßig, und Viehzucht, außer jene zum Hausbedarf des Landwirthes, zum Verkaufen gar nicht betrieben.
An Gewässern ist nur der Mistelbach und gegen Norden eine Eichenwaldung, die sogenannte Hexenau vorhanden, wobei sich bloß gegen Westen unbedeutende Hügel erheben. Die Jagd ist nicht von Bedeutung und liefert nur Rehe und Hasen. Das Klima ist gesund, das Wasser gut. Der Ort Siebenhirten liegt ¾ Stunde Fußwegs von Mistelbach nordwestlich, und wird von Norden gegen Südost von erwähntem Bache durchflossen, er zieht sich ziemlich regelmäßig gebaut mit seinen meist mit Stroh, nur sehr geringen Theils mit Ziegeln gedeckten Häusern, in einem von Hörersdorf anfangenden bis zu dem Markte Mistelbach laufenden, ziemlich flachen Thale hin, von der von Laa über Staatz nach Mistelbach führenden Commerzialstraße durchschnitten, in angenehmer ländlicher Gegend, indem gegen Westen der Wald, und gegen die andern Seiten bald hügelig, bald flach gelegene Felder nebst Weingärten den Ort begrenzen.
Die am Ende desselben zunächst der nach Mistelbach führenden Straße, ganz eben gelegene, dem heiligen Rochus geweihte Kirche ist ein einfaches, massives, aber für die Ortsbewohner viel zu kleines Gebäude neueren Styles (toscanische Ordnung) mit einem Thurm, welcher vier der Gemeinde gehörige Glocken enthält. Ihr Inneres ist ebenfalls ganz einfach, und enthält bloß einen mit hölzernen Verzierungen versehenen Hochaltar, und außerdem gar keine erwähnenswerthen Gegenstände oder Paramente, da sie während der feindlichen Invasion im Jahre 1809 ganz ausgeplündert, und somit auch aller Paramente beraubt ward. Der Bau dieses Gotteshauses war, nachdem bereits im Jahre 1708 die hiesige Gemeinde beim damaligen passauischen Consistorium darum eingekommen war, indem noch keines im Orte sich befand, im Jahre 1714 begonnen, und dasselbe im Jahre 1719 zu Ehren des heiligen Pestpatrons Rochus eingeweiht, weil eben zu dieser Zeit die Pest in Österreich herrschte. Im Jahre 1766 ward die Kirche auf Kosten der Gemeinde vergrößert, und der Thurm und die Sacristei vom Grund aus neu hergestellt. Eingepfarrt ist hierher kein anderer Ort, auch hielt vom Jahre 1728 an, bis wohin wahrscheinlich diese Kirche bloß zur Betcapelle gedient hatte, der jedesmalige Cooperator von Hörersdorf an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst, wofür er von der hiesigen Gemeinde jährlich hundert Gulden erhielt; seit dem Jahre 1785 befindet sich aber hierselbst ein Localcaplan. Der Leichenhof befindet sich an der Morgenseite außer dem Dorfe, oberhalb des Fahrweges nach Poysdorf an einer Anhöhe.
Der Ort Siebenhirten ist bereits ziemlich alt, auch kommt eine ehemalige Familie der Siebenhirten vor, welche, da sich keine Spur, daß sie einst dort ihren Sitz gehabt habe, findet, vielleicht nur als Besitzer des Orts sich nach demselben nannte, welche nicht derselbe, was auch der Fall seyn könnte, der Familie die Benennung verdankt; denn auch im Viertel unter dem Wienerwald existirt ein Ort Siebenhirten, welcher wahrscheinlich von dieser Familie gegründet wurde, und so glauben wir auch, daß diese es ist, welche unser Siebenhirten im Viertel unter dem Manhartsberg anlegte. Obschon wir auch bei der dortigen Beschreibung mehrere Glieder von diesem alten Geschlechte anführten, so wollen wir doch alle bis jetzt bekannt gewordenen Sprossen aufzählen: Heinrich und Albert von Suobinhirti kommen als Zeugen in einem Schenkungsbriefe des Stiftes Klosterneuburg vom Jahre 1178 vor, in einem andern, ebenfalls aus dem XII. Jahrhundert in gleicher Eigenschaft, Chalhoch von Siebenhirtin; so wie in einer andern Urkunde aus dem XIII. Jahrhundert Dietrich und Cherung von Sibinhirte (Max. Fischer). Ulrich der Siebenhirter von Sighartstorf und Margaretha seine Hausfrau, kommen vor im Jahre 1332 in Philip. Hueber Austria. Niklas Siebenhürtner erscheint als Zeuge in einem Schenkungsbriefe vom Jahre 1361 (Duellii excerpta). Martin oder Märt der Siebenhürtner hatte mit Jörig dem Rodauner im Jahre 1376 Streitigkeit wegen einiger Grundstücke; Johann Siebenhirter Ritter, war unter denjenigen von dem österreichischen Adel, welche 1452 mit Kaiser Friedrich nach Rom zogen, und ist im Jahre 1512 Hochmeister des St. Georg-Ritter-Ordens geworden (Altes Hofkammer Archiv). Außer diesen sind uns keine Glieder dieser Familie bekannt geworden.
Schweickhardt, Franz Xaver: Darstellung des Erzherzogthums Oesterreich unter der Ens. Viertel unterm Manhartsberg, Band VI (1835), S. 151-154
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