Diese Gasse entstand gemeinsam mit der Josef Strasser-Gasse zu Beginn der 1910er Jahre als die zuvor im Besitz der Familie Strasser befindlichen Gründe zwischen Mistelufer und Mitschastraße baulich erschlossen wurden. Mittels Beschluss des Gemeindeausschusses wurde diese Verbindungsstraße zwischen Liechtensteinstraße und Mitschastraße 1913 – und damit noch zu seinen Lebzeiten – nach dem Heimatforscher und Ehrenbürger Karl Fitzka benannt.
Update
Nach einigen Monaten des ungeplanten Stillstands betreffend weiterer Veröffentlichungen, werden im neuen Jahr wieder regelmäßig neue Beiträge erscheinen. Im Hintergrund gingen Recherchearbeit und Ideenfindung unvermindert weiter und lediglich die fehlende Muße verhinderte, dass diese Arbeit auch in neuen Beiträgen mündete. Nebenbei wurden laufend teils umfassende, neu aufgetauchte Informationen in verschiedene Beiträge eingearbeitet (zB Hugo Riedel, Johann Trestler, Karl Fitzka), der Aufbau der Seite Straßennamen neu gestaltet und ebenso machte die fortlaufende Überarbeitung der Quellenangaben, zwecks besserer Nachvollziehbarkeit, bedeutende Fortschritte.
Hafner, Franz
Bürgermeister Franz Hafner
* 2.12.1809, Korneuburg
† 5.2.1870, Mistelbach
Franz Hafner wurde als Sohn des Korneuburger Lebzelters (=Lebkuchen- bzw. Zuckerbäcker) Joseph Hafner und dessen Gattin Theresia, geb. Stetter, 1809 in Korneuburg geboren.1 Da sein älterer Bruder Joseph die väterliche Lebzelterei übernommen hatte2, blieb Franz Hafner, der ebenfalls den Beruf des Lebzelters erlernt hatte, nichts anderes übrig als fortzuziehen und so führte ihn sein Weg 1834 nach Mistelbach. Hier übernahm er den Betrieb von Karl Puntschert, der sich im Haus Hauptplatz 15 (ehemals Bank Austria) befand, auf dem Lebzelter belegtermaßen bereits seit dem Jahr 1659 ansässig waren. Eine der wichtigsten Zutaten für das Backen von Lebkuchen ist Honig und da dieser früher in Form von Wabenhonig vom Imker bezogen wurde, hatten Lebzelter seit altersher auch das Recht den Beruf des Wachs- bzw. Kerzenziehers auszuüben und natürlich übte auch Franz Hafner dieses „doppelte“ Handwerk aus.
Ebenfalls 1834 ehelichte er Josepha Fischer, die Tochter eines Wiener Seifensieders, in der Pfarre Maria Rotunda in Wien und dieser Verbindung enstammten elf Kinder. Als einer seiner Beistände (=Trauzeugen) scheint der oben bereits erwähnte Karl Puntschert auf, der von 1831 bis 1840 auch als Mistelbacher Marktrichter fungierte.3
Bereits 1837 scheint Hafner als Ausschussmitglied des vor 1850 mit der Gemeindeverwaltung und Rechtssprechung betrauten Marktgerichts auf, und war als „Polizeiadjunkt“ in diesem Gremium offenbar mit Agenden betreffend die öffentliche Sicherheit betraut.4 1841 gehörte er dem Ausschuss erwiesenermaßen nicht mehr an, ob er in weiterer Folge vor seinem Amtsantritt als Bürgermeister erneut ein Amt im Marktgericht bekleidete, ist nicht bekannt. Die als Folge der Revolution von 1848 durchgesetzte Abschaffung der Grundherrschaft, führte zu einer Neuordnung der Verwaltung und so kam es zur Schaffung der bis heute bestehenden Institution der freien und selbstständigen Gemeinde mit einem gewählten Bürgermeister an der Spitze – der kleinsten Verwaltungseinheit im Staatsgefüge. Für Mistelbach bedeutete dies die Zusammenlegung der bisher zur Herrschaft Liechtenstein gehörenden Marktgemeinde, bestehend aus den Häusern rund um den Hauptplatz, mit der dem Barnabitenorden untertänigen Pfarrholdengemeinde rund um das Kloster. Franz Hafner wurde im Zuge der 1850 erstmalig abgehaltenen Gemeindevertretungswahlen zum ersten Bürgermeister der nunmehr vereinten Gemeinde Mistelbach gewählt. Die im Gefolge der Revolution errungenen Freiheitsrechte und Reformen wurden in der kurz darauf folgenden Phase des Neoabsolutismus großteils wieder revidiert. Dies führte auf Gemeindeebene dazu, dass vorerst keine weiteren Wahlen stattfanden und es wurde verfügt, dass die 1850 gewählten Gemeindevertreter bis auf weiteres im Amt bleiben. In der von Karl Fitzka 1901 veröffentlichten Geschichte der Stadt Mistelbach wird Hafners Charakter wie folgt beschrieben: „War ein braver, uneigennütziger und für das Wohl der Gemeinde bedachter Mann“.5 Zu Beginn seiner Amtszeit 1850 wurde in Mistelbach ein Steueramt sowie ein Bezirks- und Bezirks-Collegialgericht eingerichtet, wobei die Gerichte wenige Jahre später zum k.k. Bezirksamt zusammengefasst wurden. Die Gemeinde kaufte das Haus Hauptlatz Nr. 2 und stellte das Grundstück der Staatsverwaltung im Jahr 1851 zwecks Errichtung eines Amtsgebäudes zur Verfügung, in dem später die Bezirkshauptmannschaft (bis 1901) und bis heute das Bezirksgericht untergebracht waren. Als 1861 erstmals wieder Gemeindewahlen abgehalten werden konnten, endete Hafners Amtszeit als Bürgermeister und er schied aus der Gemeindevertretung aus. Allerdings wurde er im Juli 1867 erneut in den Gemeindeausschusses gewählt.6 Am 5. Februar 1870 verstarb Hafner im 62. Lebensjahr in seinem Haus am Mistelbacher Hauptplatz und wurde auf dem hiesigen Friedhof beerdigt.7 Hafners Grab dürfte (später) zu einem Ehrengrab erhoben worden sein, da noch 1934 in einem Gemeinderatsprotokoll Beschlüsse betreffend die Instandhaltung dieses Ehrengrabes aufscheinen.8 Heute existiert Hafners Grabstätte nicht mehr. Die Lebzelterei dürfte noch bis Ende der 1870er Jahre von Hafners Nachfahren weitergeführt worden sein, ehe das Haus 1884 von einer Tochter Hafners verkauft wurde und spätestens damit kam auch das Ende dieses Handwerksbetriebs.9
Als Mistelbach 1898 von der Verwendung der Konskriptionsnummern als Adressbezeichnungen abrückte und offiziell Straßenbezeichnungen eingeführt wurden, gedachte man des ersten Mistelbacher Bürgermeisters und gab der südlichen Zufahrtsstraße zum Hauptplatz den Namen Hafnerstraße.
Wo befindet sich die Hafnerstraße?
Quellen:
Mistelbacher Synagoge
Bereits 1337 wird von einer Judenverfolgung in Mistelbach berichtet und dies stellt gleichzeitig den ältesten Beleg jüdischen Lebens (und Leidens) in Mistelbach dar. Aufgrund von Verfolgung und Aufenthaltsverboten konnten Juden im Laufe der folgenden Jahrhunderte nur vereinzelt und nicht dauerhaft in Mistelbach ansässig werden. Doch prägten fahrende jüdische Händler aus dem nahegelegenen Südmähren, die ihre Waren auf den Mistelbacher Märkten anbieten durften, das Marktgeschehen. Erst in Folge der vollständigen rechtlichen Gleichstellung durch das Staatsgrundgesetz von 1867, und im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs der Stadt durch die Errichtung der Staatseisenbahn im Jahr 1870, ließen sich vermehrt jüdische Händler und Gewerbetreibende samt ihren Familien in Mistelbach nieder.
Jüdische Gottesdienste wurden zunächst wohl in privaten Wohnungen gefeiert, aber bereits für das Jahr 1889 ist die Existenz einer Betstube belegt. Diese befand sich höchstwahrscheinlich an der Adresse Annagasse 6, dem Haus des, in Mistelbach von 1880 bis 1895 wirkenden, jüdischen Religionslehrers und Kantors Sigmund Jellinek.
Zu Beginn der 1890er Jahre kam es zu einer gesetzlich angeordneten Neuregelung der jüdischen Religionsgesellschaften, im Zuge derer 1892 die Israelitische Kultusgemeinde Mistelbach gegründet wurde. Das Gemeindegebiet umfasste die Gerichtsbezirke Mistelbach, Laa a.d. Thaya, Feldsberg, Poysdorf, Wolkersdorf (mit Ausnahme einiger weniger Gemeinden) und Zistersdorf. 1895 erwarb die Kultusgemeinde Mistelbach ein Grundstück in der Oserstraße, Ecke Gartengasse zum Zwecke der Errichtung einer Synagoge. Mit der Planung wurde der aus Ungarn stammende Architekt Friedrich Schön beauftragt und das Gebäude wurde vom späteren Bürgermeister Baumeister Josef Dunkl jun. in weniger als einem Jahr Bauzeit errichtet.
Die älteste erhaltene Darstellung der Synagoge auf einer 1898 gelaufenen Postkarte
Die „Skyline“ des Stadtteils Wieden auf einer Ansicht aus dem Jahr 1910
(Die Beschriftung „Tempel“ ist etwas zu weit rechts (über der Elisabethkirche) angebracht, weshalb der Israelitische Tempel zusätzlich durch ein kleines rotes X markiert wurde.)
Die feierliche Eröffnung und Einweihung des Tempels fand am 25. Februar 1896 im Beisein zahlreicher Festgäste, darunter Abordnungen der benachbarten Kultusgemeinden, des Bezirkshauptmannes Bazant und Vertretern der Stadt Mistelbach statt. Der Einzug der Priester mit den Thorarollen war der Auftakt zum Einweihungsgottesdienst und daran anschließend wurde zu einem Festmahl im Hotel Rathaus geladen.
Die Ereignisse vom März 1938 markieren den Anfang vom Ende der jüdischen Gemeinde in Mistelbach und den Auftakt zur grausamen Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung in ganz Österreich. Noch bevor die Mistelbacher Ortsgruppe der NSDAP Ende September 1938 stolz vermeldete, dass der letzte Jude Mistelbach verlassen habe, wurde der Vorsteher der Mistelbacher Kultusgemeinde Wilhelm Kohn im Juli desselben Jahres von NS-Kreisleiter Hans Eichinger und Gemeindeverwalter Adolf Schödl, unter großem Druck genötigt die Liegenschaft der Stadt Mistelbach zu „schenken“. Der entweihte Tempel wurde unter anderem für Treffen der Hitlerjugend, als Vorratslager der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV)10 und als Unterkunft für Zwangsarbeiter genutzt. Um die dort gelagerten Vorräte nicht der anrückenden Roten Armee in die Hände fallen zu lassen, wurde die Synagoge im April 1945 von SS-Männern in Brand gesteckt.
Zwar beschädigte die Brandstiftung das Gebäude, aber während der Gefechte um Mistelbach blieb das Bauwerk vor weiteren Zerstörungen verschont. 1952 wurde die Gemeinde Mistelbach in einem Rückstellungsverfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien schuldig gesprochen und die sofortige Rückübereignung des Eigentums an der Liegenschaft an die Israelitische Kultusgemeinde Wien, als Rechtsnachfolgerin der Kultusgemeinde Mistelbach, angeordnet. Nachdem die jüdische Gemeinde Mistelbach durch Flucht und Ermordung ausgelöscht war – nur zwei Personen der früheren jüdischen Bevölkerung kehrten nach dem Krieg nach Mistelbach zurück – hatte die Kultusgemeinde Wien keine unmittelbare Verwendung für die Liegenschaft. Durch die jahrzehntelange Nichtnutzung bzw. dem Unterbleiben jeglicher Instandhaltungsarbeiten seit dem Brand zu Kriegsende war die Synagoge schließlich dem Verfall preisgegeben. Doch bis zuletzt wäre ein Abbruch aus bautechnischer Sicht nicht zwingend notwendig gewesen.
Die Mistelbacher Synagoge im Jahre 1964
Ansicht aus dem Jahr 1975 (Im Hintergrund ist das Arbeitsamt zu erkennen)
Mitte der 1970er Jahre wurde die Liegenschaft von der Israelitischen Kultusgemeinde Wien an eine Privatperson verkauft, die die Synagoge 1979 abtragen und im darauffolgenden Jahr auf dem Grundstück ein Wohnhaus errichten ließ.
Die letzte Aufnahme vor der Abtragung
Der Abbruch der Synagoge im Jahr 1979
Wo befand sich die Mistelbacher Synagoge?
Virtuelle Rekonstruktion der Mistelbacher Synagoge
Im November 2015 reichte der TU-Student Johannes F. Zelenak seine Diplomarbeit mit dem Thema: „Virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in Mistelbach“ an der Fakultät für Architektur und Raumplanung der Technischen Universität Wien ein. Bereits 1998 wurde an der TU Wien erstmals eine Synagoge virtuell rekonstruiert und die Diplomarbeit von Dipl.-Ing. Zelenak ist Teil einer Reihe von Arbeiten, die sich mit der virtuellen Rekonstruktion von komplett oder teilweise zerstörten Synagogen befasst.
Trotz dem Fehlen der Baupläne konnte das Äußere der Synagoge durch verschiedene Fotos akkurat nachgebildet werden. Schwieriger war es hingegen die Innenansicht nachzuempfinden, da bis heute nur ein Foto aus dem Inneren aufgetaucht ist, aber dennoch konnte eine wohl realistische Innenansicht anhand mündlicher Angaben, Analogieschlüssen und einer Skizzenzeichnung erstellt werden.
Dank gebührt Dipl.-Ing. Johannes F. Zelenak für diese tolle Leistung und dafür, dass er so freundlich war die von ihm geschaffene Animation zwecks Verwendung im Rahmen von mi-history.at zur Verfügung zu stellen.
Zur Steuerung:
Linke Maustaste gedrückt halten und nach links/rechts/oben/unten ziehen um die Ansicht zu drehen; mittels Mausrad kann heran- bzw. hinausgezoomt werden
Symbol: links oben – Übersicht über die vorhandenen Position in der Vogelperspektive; Symbol rechts unten – Vollbildmodus
Vier Positionen verfügbar: Schrein, Innenraum, (Frauen-)Galerie, Vorplatz
Visualisierung: © Dipl.-Ing. Johannes Franz Zelenak
Bildnachweis:
-) Abbildungen digitalisiert und zur Verfügung gestellt von Otmar Biringer aus den Sammlungen von Herrn Lichtl und Frau Rehrmbacher bzw. von Frau Christa Jakob zur Verfügung gestellt
Quellen (und Anmerkungen):
-) Eybel, Heinz /Jakob, Christa/Neuburger, Susanne: Verdrängt und Vergessen. Die jüdische Gemeinde in Mistelbach (2003), S. 12, 54ff
-) Zelenak, Dipl.-Ing. Johannes Franz: Diplomarbeit – „Virtuelle Rekonstruktion der Synagoge in Mistelbach“ (2015)
-) Jakob, Christa/Steiner, Mag. Oskar: Mistelbach in Alten Ansichten – Band 2 (2001)
-) Mistelbacher Bote, Nr. 13/1947, S. 1
-) Prokop, Ursula: Die Synagoge von Mistelbach und ihr Architekt Friedrich Schön
(1857-1941) in David – Jüdische Kulturzeitschrift, Ausgabe 84 (2010)
(der von der Autorin angeführte Eklat bzgl. der Abwesenheit des Bürgermeisters bei der Einweihung ist nicht denkunmöglich, aber in keiner der von ihr angeführten Quellen konnten dazu Informationen gefunden werden. Faktum ist, dass Bgm. Freund nicht zugegen war. Für das Jahr 1908 ist allerdings ein Besuch von Bürgermeister Freund, der kurz zuvor auch in den Landtag gewählt wurde, in der Synagoge belegt – siehe hierzu: Jüdische Volksstimme, 10. Dezember 1908 (Jg. IX – Nr. 35), S. 5 (ONB: ANNO))
Mistelbach in der Zeitung – Teil 5 (Nachtrag)
Die bisher unter dem Titel „Mistelbach in der Zeitung“ erschienenen vier Beiträge, die sich mit bebilderten Zeitungsberichten zum Geschehen in und um Mistelbach vor 1945 befassen, erheben selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und allfällig weitere auftauchende Bilder werden diesem Beitrag nachträglich hinzugefügt.
Manöver bei Mistelbach – 1902
Von 10. bis 12. September 1902 fanden in der Umgebung von Mistelbach Militärmanöver statt, die hohen Besuch nach Mistelbach führten. Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und Erzherzog Leopold Salvator hielten sich aus diesem Anlass in Mistelbach auf und Franz Ferdinand wohnte für die Dauer dieser Übungen im Haus des Bürgermeisters Thomas Freund.
Empfang von Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand vor dem Haus von Bürgermeister Freund in der Hafnerstraße
Erzherzog Leopold Salvator mit seinem Stab anlässlich der Manöver bei Mistelbach
Wiener Bilder, 17. September 1902, S. 5f (ONB-ANNO)
Im Museumsarchiv finden sich weitere Aufnahmen, die diesen Besuch dokumentieren:
Erzherzog Franz Ferdinand vor dem Warenhaus Freund, Hafnerstraße 11
Erzherzog Franz Ferdinand und die Offiziere des Oberkommandos
(Zweiter von links: Bgm. Freund)
Fotos: Leopold Forstner, Mistelbach
Steiner, Oskar: Mistelbach in alten Ansichten, Band I (1983)
Exl, Engelbert M.: 125 Jahre Stadt Mistelbach – ein Lesebuch (1999), S.205
Eröffnung der Landesbahn – 1906
Nach dem Bau der Staatsbahn im Jahre 1870, erfolgte am 14. November 1906 mit der Eröffnung der Landesbahnstrecken Ernstbrunn-Mistelbach-Hohenau und Mistelbach-Gaunersdorf (heute: Gaweinstal) ein weiterer Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte der Stadt Mistelbach, und die endgültige Etablierung als zentraler Verkehrsknotenpunkt im nordöstlichen Weinviertel. Die neuen Landesbahnen, die eine Verbindung zu den wichtigen Strecken der Nord-, Ost- und Nordwestbahn schufen, wurden in Anwesenheit des niederösterreichischen Statthalters Graf Kielmansegg und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eröffnet. Der Eröffnungszug wurde mit einer Musikkapelle und Böllerschüssen begrüßt und zum Abschluss dieses Ereignisses wurden die zahlreich anwesenden Ehrengäste zu einem Festmahl im Hotel Rathaus (heute: Erste Bank) geladen.
Illustrierte Kronen-Zeitung, 17. November 1906, S. 6 (ONB-ANNO)
Auch von diesem Tag findet sich eine Fotografie in den Beständen des Museumsarchivs:
Ebenso ist die Speisenfolge des Festmahls überliefert:
Exl, Engelbert M.: 125 Jahre Stadt Mistelbach – ein Lesebuch (1999), S.73
Steiner, Oskar: Mistelbach in alten Ansichten, Band I (1983)
Bundeskanzler Seipel in Mistelbach – 1923
Der Nationalratswahlkampf des Jahres 1923 führte Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipel nach Mistelbach, wo er am Nachmittag des 12. Oktober auf dem Hauptplatz im Rahmen einer Wählerversammlung eine Ansprache hielt. Ursprünglich gar nicht als Freiluftveranstaltung geplant, musste die Veranstaltung aufgrund des großen Massenandrangs auf den Hauptplatz verlegt werden. Landeshauptmann Buresch und Nationalratsabgeordneter Wollek begleiteten den Kanzler bei seiner Werbetour durch das Weinviertel und hielten gleichfalls Ansprachen. Den Besuch des Kanzlers hielt der Mistelbacher Fotograf Josef Plaschil fotografisch fest und das Bild zierte wenig später die Titelseite der illustrierten Zeitung “Wiener Bilder”. Da Plaschil die von ihm angefertigten Fotos auch dem Bundeskanzler zugesandt hatte, erhielt er ein handschriftliches Dankschreiben des Kanzlers.
Foto: Josef Plaschil, Mistelbach
Wiener Bilder, 21. Oktober 1923 (28. Jg. – Nr. 42), S. 1 (ONB: ANNO)
Mistelbacher Bote, Nr. 42/1923, S. 2 (ONB: ANNO)
Mistelbacher Bote, Nr. 47/1923, S. 2 (ONB: ANNO)
Paasdorfer Riesenlinde umgestürzt – 1934
Am Samstag, den 4. August 1934 wütete im Bezirk Mistelbach ein heftiges Unwetter, dass zahlreiche Obst- und Weinkulturen beschädigte und das den riesigen, unter Denkmalschutz stehenden Lindenbaum in Paasdorf umstürzte. Der Baum der einen Umfang von sechseinhalb Metern maß, stürzte auf die Presshäuser der Familien Seltenhammer und Piringer und beschädigte diese.
Foto: Josef Plaschil, Mistelbach
Illustrierte Kronen-Zeitung, 10. August 1934, S. 8 (ONB-ANNO)
„Ein zünftiger Fang“ – 1942
In seinem Fischereirevier an der Thaya bei Rabensburg gelang es dem Mistelbacher Mechanikermeister und begeisterten Petrijünger Karl Holy im Jahr 1942 einen 115 cm langen und neun Kilogramm schweren Wels an Land zu ziehen.
Illustrierte Kronen-Zeitung, 24. August 1942, S. 6 (ONB-ANNO)
Historische Mistelbacher Lokalzeitungen
Mistelbach kann seit dem Jahr 1881, mit Ausnahme einiger weniger Monate, auf eine durchgängige Lokalberichterstattung zurückblicken und diese Lokalzeitungen stellen eine unglaublich wertvolle Quelle für historische Forschungen und auch für die Arbeit an diesem Blog dar. Eines der Ziele dieses Beitrages ist es Geschichtsinteressierten, die vielleicht selbst Nachforschungen betreiben möchten, eine Art Quellenübersicht, der in der Österreichischen Nationalbibliothek verfügbaren Mistelbacher Lokalzeitungen, zu verschaffen.
Die Geschichte des Lokalzeitungswesens ist natürlich eng mit jener der hiesigen Druckereibetriebe verbunden, und die erste Druckerei in Mistelbach wurde 1880 von dem aus Horn stammenden Buchdrucker Ferdinand Berger, als Zweigniederlassung der heute noch in Horn bestehenden gleichnamigen Druckerei, gegründet.11 Nachfolgend wird die Geschichte der Mistelbacher Lokalzeitungen bis zum Ende der 1950er Jahre dargestellt. Nicht behandelt werden die amtlichen Mitteilungen der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (seit 1883) und jene der Stadtgemeinde (seit 1954), da es sich hierbei um Mitteilungsorgane der Verwaltung handelt.
Der Buchdrucker Ferdinand Berger aus Horn gründete in Mistelbach eine Zweigniederlassung seiner Druckerei
Mistelbacher Bezirks-Bote (1881-1882)
Mit Beginn des Jahres 1881 erschien erstmalig der „Mistelbacher Bezirks-Bote“ als dessen Herausgeber und Redakteur der vermutlich aus Wien stammende Viktor Grohmann verantwortlich zeichnete, der zuvor unter anderem die Regionalblätter Mödlinger Zeitung und Döblinger Zeitung gegründet hatte. Die Redaktion und Verwaltung des zunächst dreimal monatlich erscheinenden Blattes, das sich gemäß Eigendefinition als agrarisch und gemäßigt (deutsch-)national verstand, befand sich an der Adresse Hauptplatz 1 (heute: Erste Bank). Die Gründung dürfte durch den liberalen Reichsratsabgeordneten Dr. Granitsch – er vertrat den Wahlkreis Mistelbach im Abgeordnetenhaus – initiiert und finanziert worden sein, doch Grantisch soll sich bereits wenig später zurückgezogen haben.12 Zum Zeitpunkt der Gründung gab es zwar bereits eine Druckerei in Mistelbach, aber der Druck dieser Zeitung erfolgte zunächst in häufig wechselnden Wiener Druckereien. Der Inhalt befasste sich großteils mit allgemeinen politischen Entwicklungen bzw. Ereignissen von überregionaler Bedeutung und da erst ein Korrespondentennetzwerk aufgebaut werden musste, fiel der Lokalnachrichtenteil eher schmal aus. Bereits ab Ende März 1881 erschien der Bezirks-Bote wöchentlich, immer sonntags13, und im Juni des selben Jahres wurde der Titel des Blattes auf „Bezirks-Bote für die politischen Bezirke Mistelbach und Großenzersdorf“ abgeändert14, wodurch sich natürlich auch der Wirkungskreis erweiterte. Ende November 1881 kam es dann offenbar zu einem Eigentümerwechsel und Redaktion sowie Administration des Blattes übersiedelten in die Wiener Innenstadt an den Sitz der Druckerei Ch. Reißer & M. Werthner. Als Grund für die Verlegung der Redaktion wird neben dem Eigentümerwechsel, auch der raschere und einfachere Postversand der Zeitung aus Wien angeführt. Fortan schien der leitende Angestellte dieser Druckerei, Josef Vorwahlner, als Herausgeber und verantwortlicher Redakteur auf.15 Ein langes Leben war dieser ersten Lokalzeitung nicht beschieden, denn bereits Ende März 1882 musste die Zeitung mangels wirtschaftlichen Erfolges eingestellt werden.16
Der Wiener Druckereiangestellte Josef Vorwahlner war letzter Herausgeber und leitender Redakteur des kurzlebigen „Bezirks-Bote“
Illustrirter Bezirks-Bote (1882)
Im Mai 1882 trat der Gründer des „Bezirks-Bote“, Viktor Grohmann, erneut als Initiator eines neuen Blattes in Erscheinung. In der am 14. Mai 1882 erschienen ersten Ausgabe seiner neuen Zeitung namens „Illustrirter Bezirks-Bote für die politischen Bezirke Mistelbach und Groß-Enzersdorf“ zeigte sich Grohmann darüber enttäuscht, dass die neuen Eigentümer den „Bezirks-Bote“ schon nach wenigen Monaten eingestellt hatten und überzeugt von der Notwendigkeit einer Lokalzeitung, wagte er erneut die Gründung eines Blattes. Die Redaktion befand sich wieder an der Adresse Hauptplatz 1 (heute: Erste Bank) und als Chef-Redakteur wird Viktor Grohmann genannt. Als Herausgeber scheint ein gewisser L. Becker auf und den Druck der Zeitung besorgte die Druckerei L. W. Seidel & Sohn in Wien. Wie der Name bereits nahelegt fand sich auf der Titelseite stets eine großformatige Illustration, meist von Ereignissen ohne Lokalbezug, einmal jedoch auch von einer herrschaftlichen Jagd in Neudorf bei Staatz. Nur sieben Ausgaben dieser Zeitung finden sich in den Beständen der Bibliothek der Universität Wien (in der Nationalbibliothek bzw. Landesbibliothek findet sich gar keine Spur dazu) und es scheint daher wahrscheinlich, dass diese Zeitung bereits im Juni 1882 wieder eingestellt wurde.
Untermanhartsberger Kreis-Blatt (1882-1888)
Am 20. September 1882 erschien die Erstausgabe, dieser ersten in Mistelbach gedruckten Zeitung, deren vollständiger Titel „Untermanhartsberger Kreis-Blatt für die politischen Bezirke Mistelbach, Groß-Enzersdorf, Ober-Hollabrunn, Korneuburg und den Gerichts-Bezirk Kirchberg am Wagram“ lautete. Herausgeber und Redakteur war Franz Schwedt (*1845, †1888), und die Redaktion dieses zweimal monatlich erscheinenden, stramm deutsch-nationalen Blattes befand sich im Haus Hauptplatz Nr. 34 (heute: Bäckerei Geier). Den Druck besorgte die eingangs schon erwähnte Mistelbacher Niederlassung der Druckerei Ferdinand Berger, die von Julius Fibich geleitet wurde und ihren Sitz an der Adresse Hauptplatz Nr. 38 (heute: Der Grieche) hatte. Im Frühjahr 1884 erwarb Fibich die Druckerei von Berger17, doch im darauffolgenden Jahr dürfte es aufgrund der Gründung der „Mistelbacher Zeitung“ zwischen Buchdrucker Fibich und Herausgeber Schwedt zu Unstimmigkeiten gekommen sein, denn ab April 1885 wurde die Zeitung fortan in der Druckerei Kreisl & Gröger in Wien gedruckt. Im Juli 1886 verlegte Fibich seine Buchdruckerei schließlich in die Bahnstraße 21 (Konskriptionsnummer 483; heute: ehemals Möbel Schindler)18. Zug Beginn des Jahres 1887 erwarb Karl Krapfenbauer, vormals Faktor der Wiener Firma Keiß, die Druckerei19. Ab Oktober 1887 wurde das „Untermanhartsberger Kreis-Blatt“ dann wieder von Krapfenbauer in Mistelbach gedruckt. Ideologisch stand die Zeitung der Bewegung des radikalen Deutschnationalen Georg Ritter von Schönerer nahe und aus diesem Grunde hatte sie im Frühjahr 1888 mehrfach mit Beschlagnahmungen ihrer Ausgaben durch die Behörden zu kämpfen. Grundlage für die Beschlagnahmung und Vernichtung der Ausgaben war, dass das k.k. Kreisgericht Korneuburg als zuständiges Pressgericht in einigen Artikeln des „Untermanhartsberger Kreis-Blattes“ die Tatbestände der Herabwürdigung gerichtlicher Urteile, die sich gegen Schönerer richteten, und das Vergehen gegen die öffentliche Ordnung – unter anderem wegen antisemitischer Ausfälle – verwirklicht sah.20 Aber bereits 1887 waren einzelne Ausgaben aufgrund darin enthaltener antisemitischer Hetzartikel beschlagnahmt und die Weiterverbreitung des Blattes untersagt worden.21 Letztmalig erschien die Zeitung am 15. Juli 1888, da Herausgeber Franz Schwedt an Typhus erkrankte und ein Monat später, am 14. August, an den Folgen dieser Infektionskrankheit verstarb.22
Mistelbacher Zeitung (1885-1886)
Die erste Ausgabe der „Mistelbacher Zeitung“ erschien am 5. April 1885 und als Herausgeber und Redakteur fungierte der Buchdrucker Julius Fibich, dessen Betrieb sich an der Adresse Hauptplatz 38 befand. Ab 1886 führte die Zeitung den Untertitel “Politische Zeitschrift für deutsch-nationale Volksinteressen” und dieser Zusatz unterstreicht die nationale Ausrichtung des Blattes. Mit der „Mistelbacher Zeitung“ gab es nun neben dem „Untermanhartsberger Kreis-Blatt“ in den Jahren 1885/86 zwei nationale Lokalzeitungen, und die ehemaligen Geschäftspartner Schwedt und Fibich lieferten einander einen harten Konkurrenzkampf, bei dem sie auch vor persönlichen Untergriffen nicht zurückscheuten. So hielt beispielsweise Fibich dem Konkurrenten Schwedt vor, entgegen seiner deutschnationalen Einstellung, tatsächlich tschechischer Abstammung zu sein. Im Kampf um die Leserschaft unterlag offenbar die Mistelbacher Zeitung, deren letzte in den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek überlieferte Ausgabe vom 15. März 1886 stammt.
Buchdrucker Julius Fibich – Gründer und Herausgeber der Mistelbacher Zeitung
Mistelbacher Bote (1888-1938 & 1945-1958)
Der „Bote aus Mistelbach“ wurde von Joseph Glier (*1850 , †1913), dem Direktor der Knaben Volks- und Bürgerschule, gegründet und die Erstausgabe erschien am 1. September 1888. Den Druck besorgte Karl Krapfenbauer, der im Jahr 1887 die in der Bahnstraße gelegene Buchdruckerei Fibich erworben hatte, und diese im Dezember 1890 an die Adresse Oberhoferstraße 6 verlegte.23
Karl Krapfenbauer verlegte die Druckerei in das von ihm erbaute Haus in der Oberhoferstraße 6 (Foto aus dem Jahr 1982 vor dem Umbau in ein Geschäftslokal – Göstl-Archiv)
Vom ersten Erscheinen bis 1906 lautete der Untertitel des Bote aus Mistelbach wie folgt: „Zeitschrift für Politik, Volks- und Landwirtschaft, Gewerbe und Vereinsleben – Organ der Bezirksfeuerwehr-Verbände Feldsberg, Laa, Mistelbach, Poysdorf und Zistersdorf“. Im November 1890 übernahm Krapfenbauer die Herausgabe und Redaktion der Zeitung, Eigentümer dürfte jedoch weiterhin Glier gewesen sein. Mit Beginn des Jahres 1897 scheint dann Ferdinand Schuldmeier als neuer Herausgeber und Schriftleiter auf.
Für die Verwaltung des Blattes war Johann Siedler verantwortlich, der nach dem Tode Krapfenbauers 1899 die Druckerei im Auftrag der Witwe des Verstorbenen kurzzeitig bis zur Übernahme durch Fritz Kränzle jun., weiterführte. Kränzle übernahm im Mai 1899 die Leitung der Druckerei und erwarb den Betrieb schließlich im November desselben Jahres24, während sich Siedler aus dem Betrieb verabschiedete und im Jahr darauf eine kleine Buchdruckerei in Pöggstall gründete25. Wenig später, mit Beginn des Jahres 1900, änderte sich der Erscheinungsmodus des Blattes von bisher zweimal monatlich auf drei Ausgaben pro Monat, bevor die Zeitung ab 1903 wöchentlich, immer freitags erschien. Kränzle erweiterte den Betrieb 1902 durch den Erwerb der Druckerei Rippl in Laa26, und im April 1904 übersiedelte die Mistelbacher Buchdruckerei samt Zeitungsredaktion an die Adresse Museumsgasse 2 (heute: ehemals Tempes)27, bevor bald danach, nämlich im Frühjahr 1906, die Rückübersiedlung an die alte Adresse, Oberhoferstraße 6, erfolgte.
Mit Juli 1906 änderte sich die Eigentümerstruktur erneut, denn der bisherige Eigentümer Fritz Kränzle jun. schied aus dem Unternehmen aus und übernahm eine Druckerei im nordböhmischen Aussig. An seine Stelle traten sein Vater Fritz Kränzle sen., früherer Buchdruckereibesitzer im böhmischen Saaz, und Karl Hornung (*1875, †1932), der im Jahr 1903 die Buchdruckerei in Saaz von Kränzle sen. erworben hatte.28 Obwohl Hornung bereits zum Zeitpunkt seines Einstiegs in Mistelbach aus dem Saazer Unternehmen ausschied, wurde der Firmenname „Karl Hornung & Comp.“ mindestens bis ins Jahr 1928 beibehalten.29 Am Firmennamen der Mistelbacher Buchdruckerei änderte sich zunächst nichts und das Unternehmen samt Filiale in Laa wurde weiterhin unter der Firma Fritz Kränzle geführt. Im Frühjahr 1906 trat der Zeitungsgründer und -eigentümer Josef Glier als Schuldirektor in den Ruhestand und, wenig später, ehe er nach Graz übersiedelte, dürfte er die Zeitung an die Druckereiinhaber verkauft haben. Dafür spricht auch der „Relaunch“ zu Beginn des Jahres 1907, bei dem nicht nur das Format, sondern auch der Titel der Zeitung auf „Mistelbacher Bote“ geändert wurde und ab diesem Zeitpunkt umfasste das Blatt auch eine Beilage mit dem Titel „Laaer Nachrichten“. In diesem Jahr beschäftigte der Druckereibetrieb zehn Arbeiter, 1909 bereits fünfzehn und 1917 hatte sich die Zahl schließlich auf zwanzig Mitarbeiter verdoppelt.30 Mithilfe der zahlreich eingesandten Berichte zum Ortsgeschehen durch beinahe die gesamte Lehrerschaft des Bezirks konnte vor dem 1. Weltkrieg eine Auflage von etwa 4000 Stück erreicht werden.31 Die berühmteste Abonnentin war zweifellos die Zarin Eleonore von Bulgarien – eine geborene Prinzessin Reuß (zu Köstritz), die vor ihrer Verehelichung mit Zar Ferdinand I. im Jahr 1908, auf Schloss Ernstbrunn lebte, und die sich den Mistelbacher Bote an den Zarenhof nach Sofia senden ließ. 1908 wurde Karl Hornung Alleineigentümer des Unternehmens, dass nunmehr seinen Namen trug, und Schriftleiter & Herausgeber Schuldmeier wurde im Oktober 1909 durch Johann Eibl abgelöst. Eibl hatte die Leitung des Blattes bis 1915 inne, bevor schließlich Hornung selbst diese Aufgabe bis zu seinem Tode 1932 übernahm.32 Unmittelbar nach Hornungs Tod übernahm Stadtsekretär Alois Gindl die Schriftleitung des „Mistelbacher Bote“ für die zweite Jahreshälfte 1932. Das Unternehmen, dessen Laaer Filiale bereits 1919 verkauft worden war, verblieb im Besitz der Familie Hornung und der von den Erben eingesetzte, aus Wien stammende Geschäftsführer Leopold Pomaisl führte ab 1. Jänner 1933 die Druckerei und war gleichzeitig ab diesem Zeitpunkt Herausgeber und Schriftleiter des „Mistelbacher Bote“. Er hatte diese Funktion bis zur Eingliederung des „Mistelbacher Bote“ in das NS-Kreisblatt „Grenzwacht“ im September 1938 und der damit einhergehenden Einstellung des Blattes, inne. Weiterhin und zwar bis in Zeit nach dem Krieg war er Geschäftsführer der Druckerei Hornung.
Die erste Ausgabe nach dem „Anschluss“ – ein Hakenkreuz prangt neben dem Titel
Im Juni 1945 erschien nach beinahe siebenjähriger Unterbrechung wieder ein von der Druckerei Hornung gedruckter „Mistelbacher Bote“, nunmehr immer samstags und mit dem Untertitel „Wochenblatt für demokratische Einigung im Verwaltungsbezirk Mistelbach“. Auch die Redaktion war wieder in den Räumlichkeiten der Druckerei untergebracht, und vom erstmaligen Wiedererscheinen bis zum März 1952 war der zeitweilige kommunistische Bürgermeister von Mistelbach Fritz Ferdiny Herausgeber und Schriftleiter dieser Zeitung. Die Bezirksparteileitungen von ÖVP, SPÖ und KPÖ durften je ein Mitglied in die Redaktion entsenden, doch die ÖVP zog ihren Redakteur bereits Anfang 1946 wieder ab, aufgrund von Differenzen über die politische Ausgewogenheit. Zweifellos stand die Zeitung durch Herausgeber Ferdiny und Redakteur Karl Defeny, der Ideologie der Besatzungsmacht nahe. Im Frühjahr 1952 war dann für wenige Wochen die Tochter Karl Hornungs und Miteigentümerin der Druckerei, Hedwig Hardung-Hardung, Herausgeberin der Zeitung auf. Ab Juni 1952 war der Druckereibetrieb samt Herausgabe des Mistelbacher Bote an Manfred Balzarik, einen unehelichen Sohn von Hornungs zweiter Gattin aus der Zeit vor ihrer Ehe mit Hornung33, verpachtet. Balzarik musste jedoch im Oktober 1956 Insolvenz anmelden und danach scheint Fritz Kleindeßner als letzter Herausgeber und Redakteur des bis zuletzt im Flachdruckverfahren hergestellten Blattes auf. Am 30. August 1958, also beinahe auf den Tag genau siebzig Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen des „Mistelbacher Bote“ wurde dessen letzte Ausgabe veröffentlicht, da die Druckerei Hornung in deren Besitz die Zeitung stand, aufgrund sich bereits seit längerem abzeichnender wirtschaftlicher Probleme ihren Betrieb einstellen musste.
Aufgrund des langen Erscheinungszeitraums lassen sich die Einflüsse der zu den unterschiedlichen Zeiten vorherrschenden politischen Strömungen auf den Inhalt des Blattes gut herauslesen: zu Beginn galt das Blatt als liberal34 ehe es nach der Wende zum 20. Jahrhundert zunehmend deutsch-national wurde – eine Tendenz die ihren Höhepunkt in der Zwischenkriegszeit fand, als die Zeitung vornehmlich als Sprachrohr völkischer Mistelbacher Vereine fungierte. Im Zuge der Machtergreifung des Dollfuß-Regimes schwenkte der „Mistelbacher Bote“ zumindest oberflächlich von deutsch-nationaler auf „vaterländische“ Ausrichtung um, und nach dem 1938 erfolgten „Anschluss“ als die Zeitung auch als amtliches Mitteilungsblatt der NSDAP diente, prägte natürlich die nationalsozialistische Propaganda den Inhalt. Trotzdem kam wenig später das Ende der Zeitung und nach dem Wiedererstehen unter der Sowjetbesatzung war das Blatt zunächst kommunistisch beeinflusst.
Grenzwacht/Donauwacht (1938-1945)
Die „Grenzwacht“ war das vom Faber Verlag in Krems herausgegebene NS-Kreisblatt, dass den Untertitel „Wochenblatt für den Kreis Mistelbach – Nachrichten der NSDAP“ trug und diese wöchentlich erscheinende Zeitung wurde erstmals Mitte September 1938 herausgegeben. Der allgemeine Nachrichtenteil der Zeitung stammte von der Redaktion des Faber Verlags und wurde um einen in der Druckerei Hornung hergestellten und von der örtlichen NSDAP-Kreisleitung redigierten Lokalteil für den „Kreis Mistelbach“ erweitert. Diese Kreisbeilage war Ersatz für die im Zuge der Reorganisation und Gleichschaltung des Lokalpressewesens eingestellten Blätter „Mistelbacher Bote“ und „Neue Laaer Zeitung“. Die Verwaltung der Zeitung hatte ihren Sitz im ehemaligen Warenhaus Weinmann an der Adresse Hauptplatz (damals Adolf-Hitler-Platz) Nr. 27 (heute: Bäckerei/Bistro Heindl), das durch einen der führenden Mistelbacher Nationalsozialisten, Dr. Karl Schnaß, „arisiert“ wurde. Schnaß hatte die Schriftleitung des Blattes zu Beginn des Erscheinens inne und die „Arisierung“ des Hauses soll im Auftrag der NSDAP stattgefunden haben und dieses sollte angeblich der repräsentative Sitz der Partei und ihrer Teilorganisationen werden, doch es kam zu Ungereimtheiten zwischen Schnaß und Parteistellen und der Plan wurde verworfen. Es ist davon auszugehen, dass auch der Kreisamtsleiter für das Pressewesen und langjährige Mistelbacher Ortsgruppenleiter Ing. Otto Strasser eine bedeutende Rolle bei der Herausgabe dieser Zeitung spielte.
Auf Anordnung der Reichspressekammer wurde das Lokalzeitungswesen in der Ostmark neu und straff organisiert und sämtliche Regionalzeitungen des Faber Verlags mussten zur „Donauwacht“ zusammengefasst werden, die nunmehr „parteiamtliche Wochenzeitung“ war und in acht Kreisausgaben erschien.35 Die erste Ausgabe der „Donauwacht“ erschien im März 1939 und später übernahm Bürgermeister und NSDAP-Ortsgruppenleiter Franz Huber, bis zu seinem Einrücken zur Wehrmacht im September 1944 die Schriftleitung des Mistelbacher Lokalteils. Wenig später übersiedelte die Verwaltung des Blattes nach Krems und Verleger Dr. Herbert Faber schien als Redakteur auf, und auch der Druck der Zeitung erfolgte ab diesem Zeitpunkt vollständig in Krems. Bis zum Erscheinen der letzten Ausgabe am 30. März 1945 wurde die Zeitung als Propagandainstrument und für die Verbreitung von Durchhalteparolen des dem Untergang geweihten NS-Regimes benutzt.
Weinviertler Zeitung/Mistelbacher Zeitung/Mistelbacher-Laaer Zeitung/Weinviertler Nachrichten (1947-1985)36
Die erste Ausgabe der „Weinviertler Zeitung“, eines wöchentlich, immer samstags erscheinenden Blattes, wurde am 13. Dezember 1947 veröffentlicht. Eigentümer, Herausgeber und Redakteur der grundsätzlich unabhängigen, aber dem bürgerlichen Lager nahestehenden Zeitung war Eduard Buritsch, der in der Hafnerstraße 8 (heute: Reisebüro Columbus), ein Schreibbüro führte, in dem auch die Redaktion untergebracht war. Buritsch kam 1945 als vertriebener Sudetendeutscher nach Mistelbach baute sich hier eine neue Karriere als Zeitungsherausgeber auf. Die Herstellung der Zeitung, die bereits im Juni 1948 ihren Namen in „Mistelbacher Zeitung“ änderte erfolgte in einer Druckerei in Wien-Hernals bzw. später in Hainburg.
Im Mai 1949 übersiedelte die Redaktion gemeinsam mit dem Schreibbüro von Buritsch in die Bahnstraße Nr. 24a (heute: Friseur Schnittstelle), und im August desselben Jahres änderte sich nicht nur erneut der Name auf „Mistelbacher-Laaer Zeitung“, sondern ab diesem Zeitpunkt wurde das Blatt vom dem in Krems ansässigen Faber Verlag gedruckt. Schließlich erwarb der Faber Verlag im Oktober 1952 die Zeitung von Buritsch, und dieser Eigentümerwechsel war wenig später mit einem erneuten Umzug an die Adresse Hauptplatz 29 (heute: Palmers) verbunden und von diesem Zeitpunkt an dürfte Johann Defeny Schriftleiter des Blattes gewesen sein. Buritsch verließ nach dem Verkauf seiner Blätter Mistelbach und ließ sich im steirischen Unter-Burgau als Gastwirt nieder, wo er 1977 verstarb.37 1955 übersiedelte die Redaktion erneut an die Adresse Museumsgasse 2 (heute: ehemals Tempes), bevor im Mai 1958 ein dreiköpfiges Redaktionskomitee unter der Führung des Hauptschuldirektors Prof. Anton Gössinger, die Leitung des Blattes von Defeny übernahm. Neben Gössinger gehörte auch Margarete Handler dem Redaktionskomitee an, das seinen Sitz ab diesem Zeitpunkt in der Kreuzgasse 27 hatte.
Ende Oktober 1958 fusionierte die „Mistelbacher-Laaer Zeitung“ gemeinsam mit der ebenfalls im Eigentum des Faber Verlags befindlichen „Zistersdorfer-Hohenauer Zeitung“ zu den damit neu geschaffenen „Weinviertler Nachrichten“. Bis Ende April 1984, also 26 Jahre, wirkte OSR Prof. Anton Gössinger als Schriftleiter dieser Weinviertler Institution, deren Redaktion später viele Jahre an der Adresse Hauptpatz Nr. 6 (in einem Teil des Rathauses) untergebracht war.38 Im Mai 1985 wurde das Blatt in eine der Regionalausgaben der „Neuen Landeszeitung für alle Niederösterreicher“ bzw. später kurz „Die Neue“ genannt, umgewandelt und diese schließlich 1990 mit der Regionalausgabe der „Niederösterreichischen Nachrichten“ vereint.
Regionalblätter
Zum Abschluss seien auch die regionalen Zeitungen der politischen Bewegungen: “Neues Wochenblatt – Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberg” (christlich-sozial), “Der Wähler” bzw. “Marchfeldbote” und später “Volksbote” (sozialdemokratisch) und die “Grenzwacht” bzw. “Neue Grenzwacht” (großdeutsch) erwähnt, die eine wichtige Quelle für das Geschehen in der Zeit vor 1933 bzw. 1938 darstellen und die natürlich ebenfalls über Ereignisse in Mistelbach und Umgebung berichten. Diesen Zeitungen fehlt aber im Gegensatz zu den oben behandelten Blättern der konkrete Mistelbach-Bezug, um diese als “Mistelbacher Zeitungen” bezeichnen zu können.
Quellen (und Anmerkungen):
-) Mistelbacher Bote, 30. August 1958, S.1 – (Anm.: der Zeitpunkt der Übernahme durch Hornung ist mit 1905 falsch angegeben)
-) Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach (1901), S.353 – (Anm.: Fitzka schreibt, dass die Gründung der ersten Druckerei 1879 erfolgte, da sich bei ihm aber auch zahlreiche andere Fehler bzw. Unschärfen in seiner Darstellung der Geschichte der Druckerei bzw. jener des „Bote aus Mistelbach“ finden ist davon auszugehen, dass die Anzeige im Untermanhartsberger Kreis-Blatt das richtige Jahr (1880) nennt.)
-) Durstmüller, Anton/ Frank, Norbert: 500 Jahre Druck in Österreich: die Entwicklungsgeschichte der graphischen Gewerbe von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bd 2. Die österreichischen graphischen Gewerbe zwischen Revolution und Weltkrieg : 1848 bis 1918 (1986) S.393f – Anm.: Leider zahlreiche falsche Angaben bzw. Ungenauigkeiten betreffend die Gründung und die Besitzer Ende des 19. Jahrhunderts; auch zu der hier erwähnten Filiale der Druckerei Kränzle in Wolkersdorf fanden sich keinerlei Spuren
-) Durstmüller, Anton/ Frank, Norbert: 500 Jahre Druck in Österreich : die Entwicklungsgeschichte der graphischen Gewerbe von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bd 3. Die österreichischen graphischen Gewerbe zwischen 1918 und 1982 (1989), S.352; S.334;
-) In der Österreichischen Nationalbibliothek vorhandene Ausgaben folgender Zeitungen (chronologisch):
Mistelbacher Bezirks-Bote (1881-1882), Hrsg.: V. Grohmann, Mistelbach; J. Vorwahlner, Wien
Untermanhartsberger Kreis-Blatt (1882-1888), Hrsg.: F. Schwedt
Mistelbacher Zeitung (1885-1886), Hrsg.: J. Fibich, Mistelbach
Bote aus Mistelbach (1888-1906), Hrsg.: J. Glier, Mistelbach; K. Krapfenbauer, Mistelbach; F. Kränzle, Mistelbach
Mistelbacher Bote (1907-1938), Hrsg.: K. Hornung, Mistelbach; L. Pomaißl, Mistelbach
Mistelbacher Bote (1945-1958), Hrsg.: F. Ferdiny, Mistelbach; M. Balzarik, Mistelbach
Grenzwacht/Donauwacht (1938-1945), Hrsg.: J. Faber, Krems
Weinviertler Zeitung/Mistelbacher Zeitung/Mistelbacher-Laaer Zeitung (1947-1958), Hrsg.: Ed. Buritsch, Mistelbach; J. Faber, Krems
Weinviertler Nachrichten (1958-1989), Hrsg.: J. Faber, Krems
-) In der Bibliothek der Universität Wien vorhandene Ausgaben folgender Zeitungen:
Illustrirter Bezirks-Bote für die politischen Bezirke Mistelbach und Groß-Enzersdorf (1882), Hrsg.: L. Becker (Wien?)
Bildnachweise:
Ferdinand Berger & Söhne (Hrsg.): 100 Jahre Druckerei Ferdinand Berger & Söhne – 1868 – 1968 (1968)
Foto Josef Vorwahlner: Buchdrucker-Zeitung, 12. Oktober 1916, S. 1 (ONB: ANNO)
Foto Julius Fibich – Archiv des Blogautors
Foto Krapfenbauer-Haus Oberhoferstraße 6 – Göstl-Archiv
Buchneuerscheinung: Die jüdischen Gemeinden im Weinviertel – Bezirk Mistelbach
Die Recherchearbeit von Frau Ida Olga Höfler über das ausgelöschte jüdische Leben und die Geschichte der jüdischen Gemeinden im Weinviertel muss mittlerweile in Jahrzehnten gemessen werden, und einen Teil dieser Forschungsarbeit veröffentlichte sie bereits 2015 im Rahmen einer fünfbändige Publikation in der die jüdischen Gemeinden und die jüdische Bevölkerung des Bezirks Gänserndorf detailliert dargestellt wurden. Kürzlich erschien nun die den Bezirk Mistelbach behandelnde Fortsetzung mit dem Titel „Die jüdischen Gemeinden im Weinviertel und ihre rituellen Einrichtungen 1848-1939/45 – der politische Bezirk Mistelbach“, die 1048 Seiten in drei Bänden umfasst. Auf der Webseite des Verlags heißt es dazu:
„Der Autorin ist es zu danken, dass sie in jahrzehntelanger, unablässiger Forschung ausschließlich aus Primärquellen diese beinahe in Vergessenheit geratene Geschichte unserer jüdischen Mitbürger penibel recherchiert und dabei nicht nur öffentliche und behördliche Archive, sichtbare Zeichen im Ortsbild der Gemeinden, Begräbnisplätze, aber auch Berichte von Zeitzeugen, deren Nachkommen und Angehörigen mit einbezogen hat.
In dieser Dokumentation wurden sämtliche jüdischen Personen mit ihren Familien, die im Zeitraum 1848 bis 1939/45 in 96 Gemeinden des politischen Bezirkes Mistelbach gelebt haben, erfaßt. Damit stellt das vorliegende Werk eine Art Handbuch dar, welches Genealogen, Historikern und Kulturschaffenden sowie Interessierten als Werkzeug und Grundlage für weitere Forschungen dienen möge.“
Das Werk ist beispielsweise bei der Facultas Dombuchhandlung in Mistelbach erhältlich bzw. kann auch direkt beim Pilum Verlag bestellt werden.
Brenner, Mathias
Marktrichter Mathias Brenner
* 9.12.1747, Mistelbach
† 30.12.1818, Mistelbach
Mathias Brenner wurde 1747 als Sohn des Schneiders Franz Anton Brenner und dessen Gattin Catharina, geborene Kainz, in Mistelbach geboren39. Er war von Beruf Färbermeister und hatte mindestens seit dem Jahr 1772 seinen Hausstand und Betrieb an der Adresse Kirchengasse 14 (=Konskriptionsnr. 336), an der bereits seine Eltern ansässig waren.40 In diesem Jahr heiratete er Anna Maria Wolf, die Tochter eines in der Oberhoferstraße ansässigen Seifensieders, mit der er – für jene Zeit keineswegs ungewöhnlich – zehn Kinder hatte, von denen jedoch einige bereits früh starben.41
Sein Sohn Mathias übernahm später den väterlichen Betrieb und führte diesen bis 1828, wie eine in ebendiesem Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlichte Verkaufsanzeige nahelegt.42 Ebenfalls im Färberhandwerk tätig waren sein Sohn Bernhard, der nach Ernstbrunn heiratete und dort als Färbermeister wirkte und auch dessen Sohn Bernhard, also Mathias Brenners Enkel, war jedenfalls 1837 im Haus Hafnerstraße 7 (=Konskriptionsnr. 33) als Färbermeister ansässig.43
Von 1799 bis zu seinem Tode 1818 war Mathias Brenner Marktrichter des zur Herrschaft Liechtenstein gehörenden Marktes Mistelbach.44 Der Marktrichter stand dem Marktgericht vor, war Bindeglied zwischen Gemeinde und Herrschaft und kann als eine Art Vorläufer des 1850 eingeführten Bürgermeisteramts bezeichnet werden. In der schweren Zeit der Franzosenkriege bewerkstelligte Brenner unter anderem den Wiederaufbau der Alten Schule, die seit 1620 im Haus Kirchengasse 11 untergebracht war, und die von durchziehenden französischen Soldaten 1809 niedergebrannt wurde.45 Bereits 1797 scheint er als Magistratsrat – die Marktgemeinde Mistelbach wurde damals für einige Jahre von einem eigenen Magistrat verwaltet – auf und es ist wohl anzunehmen, dass dieses Amt gleichbedeutend ist mit jenem eines gewählten Mitglieds des Marktgerichts (= Geschworener). Dieses Amt lässt sich am ehesten wohl mit jenem eines Mitglieds des heutigen Gemeinderats vergleichen, auch wenn damals, wie der Name bereits nahelegt, auch gerichtliche Aufgaben wahrgenommen wurden.46
1953 entstand auf dem Gelände neben dem Ziegelwerk eine neue Siedlung und der Gemeinderat beschloss im Jahr darauf eine der dort entstandenen Straßen nach Mathias Brenner zu benennen. Der Name Brennerweg ist insofern besonders passend, da dieser auch das Areal des 1962 stillgelegten städtischen Ziegelwerks umläuft, auf dem sich heute die Sporthalle und das Bundesschulzentrum befinden, und wo einst die für den Wiederaufbau Mistelbachs benötigen Ziegel „gebrannt“ wurden.
Wo befindet sich der Brennerweg?
Quellen:
Blog-Update
Die Arbeit am Blog besteht nicht nur aus neuen Beiträgen, sondern auch aus der laufenden Optimierung der bisher erstellten Beiträge – sei es durch inhaltliche Ergänzungen oder Richtigstellungen, weiteres Bildmaterial oder das Korrigieren von Tippfehlern. So konnten zB einige von der Nationalbibliothek schlecht gescannte Bilder der Eibesthaler Passionsspiele, nun durch bessere Aufnahmen ersetzt werden, wie dieser Vorher-nachher-Vergleich zeigt.
Aufgrund der Tatsache, dass weitere neue Bilder zu den Eibesthaler Passionsspielen aufgetaucht sind, und dieser ohnehin schon sehr große Teilbeitrag noch größer wurde, ist es Zeit diesen aus der Serie „Mistelbach in der Zeitung“ herauszulösen und als eigenen Beitrag unter der Kategorie „Ereignisse“ zu führen.
Weiters wurde der Blog vor ein paar Tagen um eine „Links“-Seite erweitert, die nützliche Links für Nachforschungen (Familien-, Vereins-, Lokalgeschichte etc.) auflistet. Auch die Links zu den Pfarrmatriken wurden auf Matricula „neu“ aktualisiert.
Eibesthaler Passionsspiele (1898-1911)
1999 wurde in Eibesthal die alte Tradition der Passionsspiele wiederbelebt, und seither wird regelmäßig die Passionsgeschichte Christi mit geschnitzten Holzfiguren nachgestellt. Es war dies ein Anknüpfen an die zwischen 1898 und 1911 neunmal veranstalteten Passionsspiele, bei denen die Leidensgeschichte Christi von den Bewohnern Eibesthals als Laiendarstellern nachgespielt wurde. Für diese Aufführungen wurde eigens eine 30×20 Meter große und 800 Personen fassende Passionsspielhalle (siehe die Bildausschnitte aus Ansichtskarten rechts) hinter der Schule (heute: Kindergarten) errichtet.
Die Initiative zu diesen geistlichen Volksschauspielen, die zur damaligen Zeit neben den Passionsspielen im südböhmischen Höritz (Hořice na Šumavě) die einzigen in Österreich-Ungarn waren, ging vom damals in Eibesthal wirkenden Oberlehrer, und späteren Reichsratsabgeordneten Rudolf Wedra und dem Eibesthaler Pfarrer Franz Riedling aus. Die aufwendige Inszenierung und geschicktes Marketing hatten große Medienaufmerksamkeit zur Folge und so verhalfen zahlreiche Zeitungsberichte, den Passionsspielen zu überregionaler Bekanntheit. Teils mit eigenen Sonderzügen kamen tausende Besucher insbesondere aus Wien, darunter auch Prominenz (hoher Adel & Geistlichkeit, Bgm. Karl Lueger, …) und ausländische Gäste, sogar aus Übersee, nach Mistelbach, die sich dann weiter auf den Weg nach Eibesthal machten, um diesen Spielen beizuwohnen. Etwa 120 Personen, Bauern und Handwerker aus Eibesthal, wirkten an den Festspielen mit, die immer sonn- und feiertags meist im Zeitraum zwischen Mai und September aufgeführt wurden und deren Reinerträgnis dem Eibesthaler Kirchenbaufond zugeführt wurde. 1900 wurde nicht die Passion, also die Leidensgeschichte Christi, sondern andere bedeutende Szene aus dem Leben Jesu aufgeführt. Aus den Jahren 1899, 1900, 1904, 1907 und 1911 finden sich nachfolgende Bilder aus Zeitungsberichten.
Seit 1983 erinnert die Straßenbezeichnung Passionsweg an diese Tradition bzw. daran, dass unweit davon entfernt einst die Passionsspielhalle stand.
Mehr zur Geschichte der Eibesthaler Passionsspiele auf deren Homepage
1899:
„Die Auferweckung des Lazarus“
„Christus nimmt Abschied von Maria“
1900:
„Der zwölfjährige Jesus im Tempel“
1904:
Darsteller der Eibesthaler Passionsspiele
1907:
Im Jahre 1907 wurden Szenen des Eibesthaler Passionspiels sogar auf der Titelseite einer großen Wiener Tageszeitung abgebildet
1911:
Fürsterzbischof Kardinal Dr. Nagl segnet bei seiner Ankunft die Einwohner von Eibesthal
Begrüßung des Ehrengastes Fürsterzbischof Kardinal Dr. Nagl bei der Eröffnung der Passionsspiele 1911
Im Bild rechts Kardinal Nagl unter den Zuschauern in der Spielhalle
Bildnachweis:
Die Bilder 2-5 des Jahres 1904 stammen von Leopold Forstner, Mistelbach
Bilder des Jahres 1899: Heydenhauß & Robert, Wien
Die Urheber der sonstigen Bilder sind leider nicht bekannt.
Die gegenständlichen Fotos wurden veröffentlicht in:
Das interessante Blatt, 22. Juni 1899, S. 4 (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 2. Juli 1899, S.5 (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 2. Juli 1899, S. 4f (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 10. Juni 1900, S. 5f (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 31. August 1904, S. 4 (ONB: ANNO)
Das interessante Blatt, 22. August 1907, S. 3 (ONB: ANNO)
Illustrirtes Wiener Extrablatt, 18. August 1907, S. 1 (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 30. August 1911, S. 5 (ONB: ANNO) (exakt gleiches Bild nur als Zeichnung: Illustrierte Kronen Zeitung, 22. August 1911, S. 4 (ONB: ANNO))
Neuigkeits-Welt-Blatt, 24. August 1911 (38. Jg. – Nr. 192), S. 25 (ONB: ANNO)
Das interessante Blatt, 31. August 1911, S. 5 u. S. 9 (ONB: ANNO)