Riedel, Ing. Hugo

Landesbaudirektor Hofrat Ing. Hugo Riedel

* 12.2.1842, Römerstadt (Mähren)
† 24.11.1930, Wien

Hugo Riedel wurde als Sohn des Florian Riedel, Steuereinnehmer in Mährisch Schönberg, und dessen Gattin Karoline, geb. Rösner in Römerstadt in Mähren geboren. Sein Familienname findet sich sowohl in der Schreibweise Riedl, als auch Riedel, mehrheitlich jedoch in der zweiten Variante, die die richtige zu sein scheint. Er absolvierte die Oberrealschule in Olmütz und studierte anschließend von 1859 bis 1864 an der technischen Abteilung des k. k. polytechnischen Institutes in Wien, dem Vorläufer der heutigen Technischen Universität Wien.1 Gemeinsam mit anderen ehemaligen Olmützer Realschülern gründete er 1860, die heute noch bestehende Wiener akademische Burschenschaft „Libertas“. 2

Der junge Student Hugo Riedel (rotes X) im Kreise der Mitglieder seiner Burschenschaft im Sommersemester 1861

Seine erste Anstellung nach Abschluss des Studiums dürfte er beim technischen Dienst des Landes Österreichisch-Schlesien gefunden haben, zumindest ist diese ab dem Jahr 1866 belegt.3 Ab 1. August 1868 war Riedel dann als städtischer Ingenieur in Salzburg tätig, wo er bis zum Leiter des „Bau- und Zimentirungsamtes“ (sic!) aufstieg.4 Im März 1869 heiratete er die Baumeisterstochter Ernestine Zastera in Mährisch Troppau, und dieser Ehe entstammten zumindest zwei, während seiner Mistelbacher Zeit geborene, Kinder.5 Mit 1. Dezember des Jahres 1870 wechselte Ing. Riedel zum mährischen Landesbauamt nach Brünn, wo er fortan für bauliche Angelegenheit im Bezirk Znaim zuständig war. Im August 1872 trat er schließlich in den Dienst des niederösterreichischen „Landesausschusses“ (Vorläufer der heutigen Landesregierung) über und Riedel war als Landesingenieur mit Dienstort in Mistelbach für die Bereiche Straßenbau, Wasserbau sowie öffentliche Gebäude für das gesamte Weinviertel zuständig. Sein tatsächlicher Dienstbeginn in Mistelbach verzögerte sich augenscheinlich jedoch bis in den Herbst des Jahres 1872, da er seine Tätigkeit als  Leiter der 2. Sektion der mährischen Thaya-Regulierungskommission vorerst fortsetzten durfte, um einen geordneten Übergang zu ermöglichen.6 Das Straßennetz war insbesondere im Bezirk Mistelbach damals völlig unterentwickelt und demgemäß fand Riedel in diesem Bereich ein reiches Betätigungsfeld vor. Unter seiner Federführung kam es zum Ausbau des Straßennetzes und in vorbildlicher Weise sorgte in der Folge für den Erhalt der neugeschaffenen Straßen. Auch frühe Regulierungen von Thaya und Zaya sowie Taschelbach, Mistel und Poybach wurde während seiner Wirkenszeit durchgeführt bzw. vorbereitet. Ab Mitte der 1870er Jahre wurden in fast allen Gemeinden des Bezirks neue, zweckmäßige Schulgebäude errichtet und zu den bleibenden Leistungen seiner 18 Jahre währenden Zuständigkeit für die Region zählt zweifellos, dass fast alle dieser Bauten von Riedel entworfen wurden. Daneben beaufsichtigte er auch die Ausführung dieser Bauten und stand als Urheber der Pläne und ausgewiesener Experte den Baufirmen mit Rat und Hilfe zur Seite. 7

Als zu Beginn des Jahres 1886 das niederösterreichische Landes-Bauamt per Landtagsbeschluss geschaffen wurde, bedeutete dies natürlich eine Änderung der Aufgabenbereiche und bisherigen Strukturen. Die baulichen Angelegenheiten betreffend das Weinviertel waren nunmehr in der „Landes-Bauamts-Abtheilung Wien III“ organisiert und zu deren Leiter ernannte man den Ingenieur dritter Classe Hugo Riedel. Sein fachlicher bzw. örtlicher Zuständigkeitsbereich änderte sich also nicht, wohl aber sein Dienstort und daher verlegte die Familie Riedel Anfang 1886 ihren Wohnsitz von Mistelbach nach Wien.8 Ab 1887 scheint Riedel in Lehmanns Wohnungs-Anzeiger mit einer Adresse in Wien-Währing auf.9 Während seiner achtzehnjährigen Tätigkeit im Weinviertel – 14 Jahre davon arbeitete und lebte er in Mistelbach – erwarb er sich als technischer Fachberater der Stadt große Verdienste, engagierte sich unter anderem als Obmannstellvertreter im Stadt-Verschönerungsverein10 und gehörte nach der Gemeindevertretungswahl im Juli 1885 bis zu seinem bereits ein halbes Jahr später folgenden Abschied dem Gemeindeausschuss (=Gemeinderat) als Mitglied an11. Während seiner Mistelbacher Zeit lebte Riedel zusammen mit seiner Familie im Haus Bahnstraße Nr. 31.

Ende des Jahres 1889 wurde Riedel zum Vorstand der Fachabteilung für Straßenbauangelegenheiten im niederösterreichischen Landesbauamt berufen12 und von Februar 190713 bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand im November 190814, folgte schließlich der Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn – die Tätigkeit als Landes-Baudirektor. In einem Nachruf, der wortgleich in verschiedenen Zeitungen erschien, wird erwähnt, dass er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit besonders durch große Straßenbauten in Niederösterreich und Salzburg „einen Namen gemacht hatte“.15

Bereits am 26. April 1885 war Ing. Riedel zum Ehrenbürger Mistelbachs ernannt worden16, und trotz des Abschieds von Mistelbach im darauffolgenden Jahr, blieb er der Stadt stets verbunden und darüber hinaus noch viele Jahre als kompetenter Berater und einflussreicher Unterstützer in (bau-)technischen Angelegenheiten erhalten. Am 24. August 1902 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat auch eine neu angelegte Straße nach ihrem Ehrenbürger Ing. Riedel zu benennen.17 Obwohl die richtige Schreibweise seines Namens Riedel lautete (so ist er auch auf seinem Grabstein zu lesen) heißt die nach ihm benannte Straße heute „Hugo Riedl-Straße“. Die beiden Bilder unterhalb zeigen, dass dies nicht immer so war, denn auf dem älteren, weißen Straßenschild heißt diese noch „Hugo Riedel-Straße“. Wann und wieso Herr Riedel in diesem Zusammenhang seines „e“ verlustigt ging, ist unklar.

Älteste Form der Straßenschilder, wie sie 1898 nach Wiener Vorbild in Mistelbach eingeführt wurden (Schrift und Umrandung waren ursprünglich jedoch rot)Älteste Form der Straßenschilder, wie sie 1898 nach Wiener Vorbild in Mistelbach eingeführt wurden (Schrift und Umrandung waren ursprünglich jedoch rot)

Die blauen Email-Straßen- und Hausschilder dürften vermutlich in der Zwischenkriegszeit eingeführt worden sein.Die blauen Email-Straßen- und Hausschilder dürften vermutlich in der Zwischenkriegszeit eingeführt worden sein.

Ing. Riedel, der auch Ehrenbürger der Gemeinde Traismauer war, verstarb im hohen Alter von 88 Jahren, 1930 in seiner Villa im Währinger Teil des Cottageviertels und wurde auf dem Döblinger Friedhof beerdigt.

Wo befindet sich die Hugo Riedl-Straße?

 

Quellen:

-) Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Heimatkundliche Beilage der Stadtgemeinde Mistelbach, Band I, S. 81f

Bilder:
-) Museumsarchiv Stadt Mistelbach
-) Peters, Dr. Hermann: Libertas – Die Geschichte einer Wiener Burschenschaft (1937)

  1. Hörerkataloge, Archiv Technische Universität Wien
  2. Die Grenzwacht, 49/1930, S. 5;
    Peters, Dr. Hermann: Libertas – Die Geschichte einer Wiener Burschenschaft (1937)
  3. Stenografische Berichte über die Verhandlungen des schlesischen Landtags – VII. Session vom 22. August bis 3. Oktober 1868, S. 134f (Google Books)
  4. Znaimer Wochenblatt, 12. November 1870, S. 4 (490)
  5. Pfarre Maria Himmelfahrt – Troppau (Mähren): Trauungsbuch (1867-1884), Fol. 37
    Eintrag Trauungsbuch Pfarre Maria Himmelfahrt – Troppau (Mähren)
    Pfarre Mistelbach: Taufbuch (1872-1883), Fol. 273
    Eintrag Taufbuch Pfarre Mistelbach
    Pfarre Mistelbach: Taufbuch (1883-1894), Fol. 52
    Eintrag Taufbuch Pfarre Mistelbach
  6. Bericht des niederösterreichischen Landesausschusses über seine Amtswirksamkeit vom 1. August 1872 bis 31. Juli 1873 (1873), S. 141, 146 (Google Books)
  7. Bote aus Mistelbach, Nr. 2/1890, S. 6 (ONB: ANNO)
  8. Neue Freie Presse, 31. Jänner 1886, S. 3 (ONB-ANNO); Mistelbacher Zeitung, Nr. 4/1886, S. 3
  9. Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger (1887), Einwohner von Wien und Umgebung, S. 855 (Wienbibliothek digital)
  10. Mistelbacher Zeitung, Nr. 3/1885, S. 3
  11. Mistelbacher Zeitung, Nr. 7/1885, S. 3
  12. Bote aus Mistelbach, Nr. 1/1890, S. 4 (ONB: ANNO);
    Neues Wiener Journal, 20. Jänner 1906 (Nr. 4397), S. 4 (ONB-ANNO)
  13. Wiener Zeitung, 15. Februar 1907, S. 3 (ONB-ANNO)
  14. Illustrierte Kronen Zeitung, 25. November 1908, S. 8 (ONB-ANNO)
  15. Mistelbacher Bote, 49/1930, S. 2; Die Grenzwacht, 49/1930, S. 5
  16. Verleihung: 26.04.1885, Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach, Bd. I. (1901), S. 225; Mistelbacher Zeitung, Nr. 3/1885, S. 3
  17. Protokoll der Gemeinde-Ausschusssitzung vom 24. August 1902 – Volksbote, 4. September 1902, S. 4 (ONB-ANNO)
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