Die Schloßbergstraße wurde ursprünglich als Friedhofstraße bezeichnet und verband den Kreuzungsbereich Hochgasse/Neustiftgasse mit der Liechtensteinstraße auf Höhe der Landessiechenanstalt (heute: Pflege- und Betreuungszentrum Mistelbach „Franziskusheim“). Sie dürfte seit etwa 1896 bestanden haben, denn in diesem Jahr wurde das an der Kreuzung mit der Hochgasse gelegene neue Notspital eröffnet, das bald darauf die Adresse Friedhofstraße Nr. 4 erhielt (später Hochgasse Nr. 6).1 Ein sogenanntes Notspital diente in damaliger Zeit hauptsächlich als Quarantäne-Einrichtung für an Infektionskrankheiten leidende Personen.
Diese Straße verband also die beiden wichtigsten damals in der Stadt bestehenden (sozial-)medizinischen Einrichtungen, und ihren früheren Namen „Friedhofstraße“, den sie seit der Einführung der Straßennamen 1898 trug, war der Tatsache geschuldet, dass sie entlang des wenige Jahre zuvor neu angelegten Friedhofs verlief. Tatsächlich dürfte es sich mehr um einen Weg als um eine befestigte Straße gehandelt haben und für viele Jahre sollte das Gelände durch das sie führte unbebaut bleiben. Der Name der angrenzenden „Sandgrubengasse“ gibt Aufschluss was hier in früherer Zeit zu finden war. Erst der immer weiter fortschreitende Ausbau des Krankenhauses und die Anfang der 1950er Jahre beginnende Errichtung der Schloßbergsiedlung sollten die Umgebung und damit das Straßenbild verändern.
Noch bevor im Jahre 1908 mit dem Bau des Bezirkskrankenhauses begonnen wurde, entschloss man sich aus nachvollziehbaren Gründen dieser am Krankenhaus vorbeiführenden Straße, einen weniger morbiden Namen zu geben und in der Sitzung vom 1. Feber 1908 beschloss der Mistelbacher Gemeindeausschuss (=Gemeinderat) den Namen in „Schloßbergstraße“ abzuändern.2 Schloß- und Kirchenberg sind grundsätzlich synonyme Bezeichnungen für die Erhebung um die sich die Stadt Mistelbach bildete. An dessen höchstem Punkt bestehen zwei etwa gleich hohe Plateaus, jenes auf dem sich die Pfarrkirche erhebt und jenes auf dem sich einst die im 15. Jahrhundert abgekommene Burg bzw. das Schloss der Herren von Mistelbach befand. Bei letztgenannter Erhebung, die umgangssprachlich fälschlicherweise auch als Tumulus bezeichnet wird, handelt es sich also um den Schloßberg im eigentlich Sinne und da die Straße in unmittelbarer Nähe verlief bzw. von der Liechtensteinstraße hierher führte, dürfte dieser Name gewählt worden sein.
Eine im Frühjahr bzw. Sommer 1914 begonnene Erweiterung des Friedhofsareals (die Gräberfelder K, L, M, N und auch bereits zu Beginn des Krieges geplante Anlage des „Heldenfriedhofs“)3 trennte die Schloßbergstraße in zwei Teile: den heute noch bestehenden Teil zwischen Liechtensteinstraße und dem Parkplatz beim Friedhof und einen zweiten, sehr kurzen Abschnitt auf der anderen Seite des Friedhofs, der hierdurch jedoch bedeutungslos geworden war (siehe auch gelbe Markierung in untenstehender Karte). Dies zeigt sich auch darin, dass das im Kreuzungsbereich mit der Hochgasse befindliche ehemalige Notspital nachträglich die Adresse Hochgasse Nr. 6 (statt zuvor Friedhofstraße Nr. 4) erhielt. Der jenseitige Teil der Schloßbergstraße ist allerdings nicht mit der Hochgasse zu verwechseln, die entlang der ehemaligen Friedhofsgärtnerei bzw. der neuen Verabschiedungshalle zum Friedhofstor auf dieser Seite führt. Die Schloßbergstraße verlief dahinter, also zwischen der Verabschiedungshalle und dem heutigen „Heldenfriedhof“ (auf dessen Gelände sich von 1891 bis 1907 der alte jüdische Friedhof befand).4 Gemäß dem Beschluss des Gemeindeausschusses (=Gemeinderat) über die Friedhofserweiterung sollte die Schloßbergstraße verlegt und an der neuen Friedhofsmauer entlang verlaufen bis zur Einmündung in den Eibesthaler Feldweg (heute Christine Nöstlinger-Weg)5. Noch heute besteht als Rest dieses kaum befestigten Weges, ein schmaler Grundstreifen zwischen Friedhofsmauer und den angrenzenden Grundstücken, der jedoch im Zuge der Anlage der Schloßbergsiedlung samt der Straße „Am Schloßberg“ in den 1950er Jahren seinen Zweck verlor und abgeschnitten wurde.
Wo befindet sich die Schloßbergstraße?
■ Markierung: die heutige Schloßbergstraße
■ Markierung: der durch die Friedhofserweiterung abgekommene Teil der Schloßbergstraße, der in die Neustiftgasse mündete
Quellen:
- Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach (1901), S. 276
- Protokoll der Gemeindeausschusssitzung vom 1.2.1908 – Mistelbacher Bote, Nr. 7/1908, S. 3
- Auszug aus dem Protokoll über die Gemeindeausschusssitzung vom 20. März 1914 In: Wochen-Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberge, Klosterneuburg u. Umgebung, Nr. 14/1914 (3. April 1914), S. 8;
Auszug aus dem Protokoll über die Gemeindeausschusssitzung vom 25. September 1914 In: Wochen-Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberge, Klosterneuburg u. Umgebung, Nr. 42/1914 (16. Oktober 1914), S. 6 - Ein Stadtplan aus der 1934 vom Verschönerungsverein herausgegebenen Werbebroschüre „Die Stadt Mistelbach an der Ostbahn, im Viertel unter dem Manhartsberg (Nordöstliches Weinland)“ führt noch den alten Namen „Friedhofstraße“ an und zeigt auch noch den ursprünglichen Verlauf, bevor die Straße durch die Friedhofserweiterung durchtrennt wurde. Allerdings ist anzumerken, dass teils auch andere Straßennamen auf diesem Plan nicht mit ihren damals korrekten Namen bezeichnet wurden.
- Mistelbacher Bote, Nr. 9/1914, S. 4 (ONB: ANNO)