Ziegelstätte (Kettlasbrunn)

Lehmgruben und Ziegelöfen sind im Weinviertel aufgrund des lehmreichen Bodens weitverbreitet und beinahe jedes Dorf verfügte im Lauf der Jahrhunderte über mehrere solcher Ziegelproduktionsstätten. Bereits für das Jahr 1537 scheint die Existenz von zwei frühen Ziegelöfen in Kettlasbrunn durch Dokumente im niederösterreichischen Landesarchiv belegbar zu sein.1 In seiner Publikation „Ziegelöfen und Lehmabbaue der politischen Bezirke Mistelbach und Gänserndorf“ führt der Verfasser Herr Christian F. Ramml vier Ziegelöfen an, die im Laufe der Zeit hier bestanden, wobei ein Standort nicht näher überliefert ist. Die jüngste Ziegelei entstand 1904 als die Kettlasbrunner Familien Schwarzmayer (Nr. 26), Pribitzer (Nr. 61), J. Schwarzmann (Nr. 99), Rabenreither (Nr. 100) und M. Schwarzmann (Nr. 101) mittels Gesellschaftsvertrag die „Ziegeleigenossenschaft Kettlasbrunn“ gründeten. Deren Standort befand sich südlich des Dorfs am Ende der heutigen Straße „Ziegelstätte“, und der in die Genossenschaft eingebrachte Grundbesitz erstreckte sich von hier bis zu den Kellern der Blumenthalerstraße. 1916 erwarb Johann Pribitzer sämtliche Genossenschaftsanteile und gelangte somit in den Alleinbesitz der Ziegelei. Bis 1931 ist deren Betrieb belegt2, die Ziegelherstellung dürfte jedoch bald darauf, etwa zur Mitte dieses Jahrzehnts eingestellt worden sein3. Laut dem Häuserverzeichnis von OSR Leisser, dem Verfasser der Ortsgeschichte aus dem Jahr 1989, soll sich im Bereich des heutigen Hauses Postgasse Nr. 6 (zuvor Nr. 178) jedoch schon im 19. Jahrhundert ein Ziegelofen der Familie Rath befunden haben.4 Dieser Standort, damals unmittelbar am Ortsrand gelegen, würde erklären, weshalb das Gebiet bereits schon hier (dem Beginn der gegenständlichen Straße und in einiger Entfernung zum Genossenschaftsziegelofen) als „Ziegelgstetten“ bezeichnet wurde. Möglicherweise handelt es sich dabei gar um jenen Ziegelofen, dessen Lage bei Ramml nicht verortet werden konnte.5 Allerdings ist auf altem Kartenmaterial in diesem Gebiet kein Ziegelofen ersichtlich.

2004 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat im Zuge der Einführung von Straßennamen in der Katastralgemeinde Kettlasbrunn, die zur einstigen Ziegelei führende Straße in Anlehnung an die für dieses Areal umgangssprachlich gebräuchliche Bezeichnung „Ziegelstätte“ zu benennen.6 Neben dem Straßennamen erinnert heute lediglich die noch erkennbare Lehmabbaukante auf dem teilweise mit Einfamilienhäusern verbauten Gebiet an dessen einstige Nutzung zum Zwecke der Ziegelproduktion.

Wo befindet sich die Straße „Ziegelstätte“?

 

Quellen:
-) Ramml, Christian Ferdinand: Ziegelöfen und Lehmabbaue der politischen Bezirke Mistelbach und Gänserndorf (Niederösterreich): Geschichte und Geologie – Archiv für Lagerstättenforschung, Band 27 (2014), S. 321f

  1. Leisser, Willibald/ Seltenhammer, Leopoldine: Kettlasbrunn im Weinviertel – ein Wallfahrtsort seit der Pestzeit (1989), S. 41
  2. Mosse, Rudolf (Hrsg.): Adressbuch von Oesterreich für Industrie, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft 1928, S. 279;
    Mosse, Rudolf (Hrsg.): Adressbuch von Oesterreich für Industrie, Handel, Gewerbe und Landwirtschaft 1931, S. 276;
  3. In den folgenden Adressbüchern des Herold-Verlags aus den Jahren 1937 bzw. 1938 scheint in Kettlasbrunn keine Ziegelei mehr auf. Gleiches gilt auch für die zweite bis dahin im Ort aufscheinende Ziegelei im Besitz von Josef Diem.
    Im Häuserverzeichnis für das Jahr 1935 in Leissers Ortsgeschichte (S. 100) scheint unter Nr. 181 (=der Adresse der Ziegelgenossenschaft), bereits ein Wohnhaus auf.
  4. Leisser, Willibald/ Seltenhammer, Leopoldine: Kettlasbrunn im Weinviertel – ein Wallfahrtsort seit der Pestzeit (1989), S. 100
  5. Zwar führt  Ramml unter „Kettlasbrunn 3“, den Ziegelofen mit unbekannter Lage, Martin Schodl als Besitzer an, aber da dessen Sohn nach Paasdorf heiratete, wäre es denkbar, dass die Familie Rath zusätzlich zu dem weit außerhalb gelegenenen Ziegelofen „Kettlasbrunn 2“ auch in den Besitz dieses Standorts gelangt sein könnte.
  6. Protokoll der Sitzung des Mistelbacher Gemeinderates vom 14.12.2004
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